Ein Wissenschaftler mit Meerbuscher Wurzeln Wie ein Büdericher im Kongo ein Heine-Denkmal errichtete
Robert Visser führte es schon in seinen Zwanzigern in das unkolonisierte afrikanische Land. Im Januar widmet sich ihm ein Vortrag.
Dem Schreiber des Büdericher NS-Amtsblattes muss sich die Feder gesträubt haben, als er 1935, ausgerechnet im Jahr der Nürnberger Rassegesetze, die Elegie auf Robert Visser anlässlich dessen 75. Geburtstags verfasst hat. Die damals wohl schillerndste Persönlichkeit des Dorfes wurde als Arier und Kolonialpionier, der Kultur in den afrikanischen Busch gebracht und die „Wilden” Respekt gelehrt hat, gefeiert. Dabei sah die Realität ganz anders aus!
Alte Büdericher erinnern sich noch, wie in jener Zeit Vissers gleichnamiger Sohn stets fröhlich und unbehelligt auf dem Rad durch den Ort radelte, um das Elternhaus an der Düsseldorfer Straße 90 zu besuchen, allerdings: Visser junior hatte krauses schwarzes Haar und stammte ganz offensichtlich von einer afrikanischen Mutter ab.
Bevor er 22 Jahre alt war,
reiste Visser in den Amazonas
Carl Friedrich Wilhelm Robert Visser wurde 1860 in Düsseldorf geboren, sein Vater war Flusskapitän auf dem Rhein. Gymnasial gebildet paarte sich bei dem jungen Mann bald Wissenseifer mit Wagemut und der Liebe zum Wasser, sodass er Kapitän auf großer Fahrt werden wollte.
Ein Sturm mit beinahe erlittenem Schiffbruch auf der ersten Reise nach Russland kurierte ihn von diesem Wunsch, nicht aber von der Abenteuerlust. Als nächstes nahm er an einer Expedition an den Amazonas teil, bevor er mit gerade 22 Jahren bei einer niederländischen Handesfirma anheuerte, um in Afrika eine Plantage aufzubauen. Das Ziel war der damals noch nicht kolonisierte Kongo. Hier führte der Plantagendirektor als großer Herr ein Leben nach seinem Geschmack: Da seine Heimatstadt seiner Anregung, ein Heine-Denkmal zu errichten, nicht folgen wollte, baute er kurzerhand selbst eines am Loango.
Er jagte außerdem Krokodile, fing exotische Tiere, fotografierte die Menschen und sammelte die Minkisi genannten Kraftfiguren der Einheimischen. Der Legende nach nahm er dort auch eine Häuptlingstochter zur Frau, um Konflikte im Umfeld der Plantagen zu schlichten. Die Familie überliefert, dass Visser mehrere Kinder hatte, aber nach dem Tod der Frau nur mit dem 1897 geborenen Robert nach Deutschland zurückkehrte. Das war um die Jahrhundertwende.
Erstaunlich ist, dass Visser als Deutscher trotz der Rivalität der beiden europäischen Großmächte Deutschland und Frankreich zwei französische Orden für seine Verdienste um die Landwirtschaft im späteren Französisch-Kongo erhalten hat. Nach der Rückkehr in die Heimat folgten daher noch das sächsische Albrechtskreuz und der preußische Kronenorden – und später noch weitere Auszeichnungen.
Als er in seine Heimat zurückkam, war Visser sein Vermögen los
Visser hatte viel Geld verdient und wollte sich mit 42 Jahren zur Ruhe setzen. Das Haus an der Düsseldorfer Straße war standesgemäß und zudem gut an seine Heimatstadt angebunden. Allerdings hatte sein Bruder als Verwalter keine glückliche Hand gehabt, sodass sein eigenes und das elterliche Vermögen weitgehend dahingeschmolzen war. In dieser Situation erinnerte sich Visser, dass er verschiedenen Museen in Leipzig, Frankfurt und Berlin bedeutende Minkisi-Sammlungen – die übrigens heute noch internationalen Ruhm genießen – und dem Düsseldorfer Zoo viele Tiere und Ausstellungsstücke geschenkt hatte. Im Auftrag dieser Institutionen wollte er nun eine finanzierte Afrika-Reise unternehmen. Daraus wurde zwar nichts, allerdings ging er noch einmal bis 1904 auf die Plantagen.
Nach der endgültigen Rückkehr heiratete Visser eine junge Frau aus gutem Hause und gründete eine schon bald fünfköpfige Familie. Der Versuch, einen bezahlten Posten als Zoodirektor zu bekommen, scheiterte. Nur ehrenamtlich konnte er in Düsseldorf wirken, und in Krefeld hielt er damals Vorträge über die „Bräuche der Kongo-Neger”. Kurze Zeit später gründete Visser jedoch den Düsseldorfer Verkehrsverein und wurde so praktisch zum bezahlten Chef des Düsseldorfer Stadtmarketings und erhielt später eine Pension. Hier machte er sich auch für den St.-Martins-Brauch stark. Bei den elitären „Alde Düsseldorfern” wurde er Ehrenmitglied und starb hochgeachtet 1937 in seinem Haus in Büderich.
Ein Enkel erinnert sich, dass das Haus wie ein Museum ausgestattet war. Witwe Selma Visser stiftete später viele Stücke – darunter einen sechs Meter langen Krokodilspanzer und zwei zwölf Meter lange Schlangenhäute – dem Zoo. Sie starb 1960.
Am 17. Januar 2019 um 19.30 Uhr ist „Robert Visser – ein Kolonialpionier aus dem Rheinland” Thema eines Vortragsabends beim Geschichtsverein Meerbusch im Pfarrsaal St. Mauritius in Büderich. Die komplette Biografie wird dann in den Geschichtsheften 2019 erscheinen.