Abschreibungen lassen Siemens-Gewinn einbrechen

München (dpa) - Auf dem Weg zu seinem mittelfristigen Ziel von 100 Milliarden Euro Umsatz jährlich hat Siemens an Schwung verloren. Im dritten Geschäftsquartal legte der Umsatz lediglich um zwei Prozent auf 17,84 Milliarden Euro zu.

Der Konzern spürt ein Abflauen der Konjunktur. Dass der Quartalsgewinn unter dem Strich um beinahe zwei Drittel auf 501 Millionen Euro einbrach, lag vor allem an der hohen Strafzahlung für den Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit dem französischen Atomkonzern Areva sowie Abschreibungen in der Medizin-Sparte.

Mit einem Plus bei den Auftragseingängen um 20 Prozent auf 22,9 Milliarden Euro und einem Rekord-Auftragsbestand von 96 Milliarden Euro läuft bei Siemens auf den ersten Blick alles bestens unter der Führung von Peter Löscher. Dessen Vertrag war am Mittwoch vorzeitig bis 2017 verlängert worden. Für den Ausschlag nach oben verantwortlich war insbesondere ein 3,7 Milliarden Euro umfassender Großauftrag der Deutschen Bahn, wie Siemens am Donnerstag in München mitteilte.

Das Unternehmen wird dafür zunächst 130 Fernzüge der Generation ICx bauen. Dennoch ist die Konzern-Führung bei ihren Ausblicken vorsichtig geworden. Die von Finanzchef Joe Kaeser bereits vor Wochen angekündigte Verlangsamung der Auftragseingänge zeigte sich im dritten Quartal im Energiesektor des Konzerns. Mit einem Wert von knapp über 8 Milliarden Euro lag er leicht unter dem des Vorjahresquartals. In der Sparte für erneuerbare Energien, eine der strategisch wichtigen für den von Löscher beabsichtigten Umbau zum „grünen Riesen“, sank der Quartalsgewinn vor Zinsen und Steuern um 45 Prozent auf 68 Millionen Euro.

Bei Windparks auf dem Land ist der Konzern mit neuen Wettbewerbern und einem steigenden Preisdruck konfrontiert. Das Solargeschäft ist weiterhin negativ. Hoch profitabel ist dagegen das traditionelle Geschäft mit Kraftwerken für fossile Energieträger. „Wir sind im dritten Quartal weiter gewachsen und auf Kurs, unsere Ziele für das Geschäftsjahr 2011 zu erreichen,“ teilte Siemens-Chef Peter Löscher verhalten mit und baute damit zu großem Optimismus für die Zukunft vor: „Unsere Märkte sind zwar weiter robust, aber die Risiken des weltwirtschaftlichen Umfelds nehmen derzeit eher zu.“

Um das sich abzeichnende Abflauen der Konjunktur in den westlichen Industrieländern aufzufangen, setzt Siemens vor allem auf die steigende Nachfrage in den Schwellenländern. Im dritten Geschäftsquartal stieg der Umsatz in diesen Ländern nach Angaben des Konzerns um acht Prozent und damit bedeutend stärker als der Gesamtumsatz. Mit knapp 5,9 Milliarden Euro trug das Geschäft mit den Schwellenländern ein Drittel zum gesamten Umsatz bei. Bis wann Siemens das mittelfristige Ziel von 100 Milliarden Euro jährlich erreichen soll, will Löscher 2012 präzisieren.

Überschätzt hat Siemens die Geschäftschancen mit der Partikeltherapie. Die aus klinischer Sicht vielversprechende Form zur Behandlung von Krebserkrankungen sei noch nicht reif für den breiten Markt, räumte Löscher ein. Die Abschreibung auf Investitionen belastete die Medizinsparte im dritten Quartal nach Unternehmensangaben mit 381 Millionen Euro vor Steuern. Teuer schlug auch das Ende der Kooperation mit Areva zu Buche. Ein Schiedsgericht hatte Siemens zur Zahlung von 650 Millionen Euro verurteilt, inklusive Zinsen liefen 682 Millionen Euro auf.

Aus dem Verkauf der IT-Sparte kam ein weiteres Minus von 305 Millionen Euro hinzu, so dass Siemens im dritten Quartal Abschreibungen in Höhe von gut 1,4 Milliarden Euro vor Steuern das Ergebnis verhagelten. An der Prognose für einen Jahresgewinn von 7,5 Milliarden Euro hielt Löscher dennoch fest. Die Belastung durch Areva, die nach Steuern gut 470 Millionen Euro betragen wird, rechnete er da jedoch heraus. Über die Zusammenarbeit mit dem russischen Atomkonzern Rosatom will sich Löscher in den nächsten Wochen äußern. Der Börsengang der Siemens-Lichttochter Osram läuft laut Löscher nach Plan. Trotz der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten soll das Unternehmen im Herbst den Schritt wagen.