Absprache bei Gaspreisen?
Wettbewerbshüter nehmen große Erdgaslieferanten ins Visier.
Berlin/Essen. Haben sich große Versorger beim Gaspreis abgesprochen? Die Wettbewerbshüter lassen nicht locker und haben ihre großangelegte Razzia bei Erdgaslieferanten wegen möglicher Verstöße gegen Wettbewerbsvorschriften am Mittwoch fortgesetzt. Beim russischen Gaslieferanten Gazprom Germania in Berlin sichteten sie Akten und kopierten Dokumente. Auch die Ermittlungen bei den deutschen Energiekonzernen Eon Ruhrgas und RWE gingen weiter. Im Fokus der Ermittlungen steht der russische Gasexporteur Gazprom.
Gazprom strebt einen möglichst weitreichenden Einfluss auf die Gasversorgung Europas an. Dagegen gibt es in der Europäischen Union Bestrebungen, die Kontrolle des gesamten Systems vom Bohrloch bis zum Endverbraucher durch Gazprom einzuschränken. Der Plan sieht auch einen Zugang von Drittländern zum russischen Pipeline-Netz vor — aber Moskau will seinen Wettbewerbsvorteil nicht abgeben. Der Kreml kritisiert, dass die EU den Vorstoß von Gazprom auf europäische Märkte blockiere, und fordert einen besseren Zugang.
Mit neuen Großprojekten — der Ostseeleitung Nord Stream und der Pipeline South Stream durch das Schwarze Meer — kann Gazprom bald schneller und direkter Gas nach Westeuropa pumpen. Außerdem wird Russland unabhängiger von Transitländern wie der finanziell angeschlagenen Ukraine oder dem nahezu bankrotten autoritären Weißrussland. Mittlerweile orientiert sich Russland auch Richtung China oder Japan, um bei Schwierigkeiten mit Europa sein Gas trotzdem zu verkaufen.
Während westliche Kunden oft marktübliche Preise zahlen, gelten für viele Ex-Sowjetrepubliken eher politische Maßstäbe: Enge Partner wie Weißrussland müssen weitaus weniger überweisen. Dabei nutzt Moskau Gas nach Meinung von Kritikern als politisches Druckmittel, um wie im Fall von Weißrussland Zugriff auf Staatsunternehmen und Netze zu erhalten.
Zwar loben die deutschen Versorger die Verlässlichkeit des russischen Partners. Das Verhältnis zwischen Gazprom und den deutschen Abnehmern ist wegen der Koppelung von Öl- und Gaspreis aber schwierig. Derzeit beziehen sie aufgrund langfristiger Lieferverträge russisches Gas zu höheren Preisen, als sie an Spotmärkten zahlen müssten. Das bedeutet Verluste für die deutschen Firmen.
Russland verweist auf die Verträge, kann sich aber Änderungen vorstellen — gegen politische Zugeständnisse. Während RWE Gazprom im Gegenzug für billiges Gas eine Tür in den deutschen Markt öffnen will, bleibt Eon hart. Die Verhandlungen liegen beim Schiedsgericht. Die Mitteilung der EU gibt es im Internet.