ADAC verliert wegen Krise rund 320 000 Mitglieder
München (dpa) - Der ADAC will mit umfassenden Reformen aus der Krise kommen, seinen aktuellen Mitgliederschwund beenden und zerstörtes Vertrauen zurückgewinnen.
„Wir wollen und werden jene Schwächen und Defizite beheben, die sich bei uns in den vergangenen Jahren eingeschlichen haben“, sagte Interimspräsident August Markl am Montag in München bei der Vorstellung der Bilanz für 2013.
Die Analyse, was geändert werden solle, sei abgeschlossen - nun werde im Detail geklärt, wie diese Umbauten am Ende aussehen werden. Einzelheiten dazu nannte Markl aber nicht. In sieben Arbeitsgruppen würden die Umbaupläne beraten, im Dezember sollen erste Entscheidungen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung fallen.
Künftig sollen die Mitglieder und die Dienstleistungen wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, betonte Markl. Auch die Strukturen kämen auf dem Prüfstand: „Sie werden verstehen können, dass ich diesem intensiven Diskussionsprozess nicht vorgreifen kann.“ Auf der Hauptversammlung im Mai in Saarbrücken hatte der ADAC die Weichen dazu gestellt.
Dabei will der Club viel deutlicher zwischen dem Verein und den 44 Unternehmen unterscheiden, die unter dem Dach einer ADAC-eigenen Holding zusammengefasst sind. Zudem prüft der Club gerade bei 360 Produkten und Dienstleistungen, ob sie weiter verkauft oder getestet werden können. Der Verkauf von Kindersitzen, die vom ADAC auch geprüft wurden, wurde bereits vor vier Wochen eingestellt.
Der zweitgrößte Autofahrerclub der Welt war nach dem Bekanntwerden von massiven Fälschungen beim Autopreis „Gelber Engel“ im Januar tief in die Krise gerutscht. In den darauffolgenden Wochen wurden etliche Vorwürfe erhoben und Missstände aufgedeckt.
Nach wie vor prüft das Münchner Registergericht den Status des ADAC als Verein. Präsident und Geschäftsführer verloren ihre Ämter. Der von der Hauptversammlung angestoßene Reformprozess soll im Mai 2015 abgeschlossen sein. Dann soll auch ein neuer Präsident gewählt werden.
Markl betonte nochmals, dass er für dieses Amt nicht zur Verfügung stehe. Bis dahin führt er allerdings als Interimspräsident den Verein, der an mehreren Fronten zu kämpfen hat. Erstmals seit vielen Jahren verlor der ADAC wegen der Krise auch unter dem Strich Mitglieder. Rund 320 000 Menschen kehrten dem Club seit Jahresbeginn den Rücken. Dazu kamen etwa 65 000 Austritte aus anderen Gründen oder gestorbene Mitglieder, was zu einem Gesamtverlust von rund 385 000 Mitgliedern führte - mehr als im gleichen Zeitraum hinzu kamen.
Seit Januar seien 370 000 neue Mitglieder aufgenommen worden, berichtete der ADAC. Das reichte aber nicht ganz, um den Verlust auszugleichen. Zum 31. Mai habe man insgesamt rund 18,93 Millionen Mitglieder gezählt. Damit verzeichnete der Club rund 15 000 Mitglieder weniger als noch im Dezember 2013.
Die Lage habe sich inzwischen stabilisiert, hieß es. Eine Vorhersage, wie sich die Zahl über das Jahr entwickeln werde, wollte Markl aber nicht treffen. Das sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar - und hängt wohl auch vom Verlauf des Reformprozesses ab.
In dessen Rahmen will der ADAC auch den veralteten und durch die Nationalsozialisten belasteten Begriff Gau für die regionalen Verbände aus der Satzung streichen. Im Alltag findet der Begriff aber ohnehin kaum noch Verwendung. Auch die Mitgliederwerbung werde auf den Prüfstand gestellt, in der Vergangenheit sei man zu aggressiv vorgegangen. Wachstum um jeden Preis solle es nicht mehr geben.
2013 war unter diesen Gesichtspunkten allerdings für den ADAC ein ziemlich gutes Jahr. Der Club nahm Mitgliederbeiträge von 1,05 Milliarden Euro ein, rund 37 Prozent davon entfielen auf die 18 selbstständigen Regionalclubs. Unter dem Strich schrumpfte der Gewinn von 25 auf 4,6 Millionen Euro, vor allem wegen höherer Kosten für die Hilfeleistungen und gestiegener Steuerzahlungen.
Unverändert bei rund 1,1 Milliarden Euro blieb das Eigenkapital, über das der ADAC verfügt. Das stattliche Vermögen brauche der Club, um die hohen Investitionen etwa in neue Hubschrauber oder Fahrzeuge stemmen zu können, die nicht aus den laufenden Einnahmen bezahlt werden sollen, sagte Finanzgeschäftsführer Thomas Kagermeier.