ADAC versucht die Runderneuerung

Saarbrücken (dpa) - Der ADAC will seine tiefe Krise mit umfassenden Reformen für einen Neustart nutzen. Dabei setzt der Autoclub vor allem auf eine striktere Trennung zwischen dem Verein und seinen Unternehmen und mehr Kontrolle von außen.

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Hinweisgeber können zudem anonym via Internet auf Missstände und mögliche Regelverstöße hinweisen. Den personellen Neuanfang vertagten die Delegierten des ADAC auf der Hauptversammlung am Samstag in Saarbrücken wie erwartet. Interimspräsident August Markl soll den Reformprozess zu Ende führen.

Einmütig stellten sich die 197 Delegierten hinter die Pläne der Vereinsführung. Unter dem Motto „Reform für Vertrauen“ sollen bis zum Spätherbst in mehreren Arbeitsgruppen konkrete Maßnahmen für den Umbau des fast 19 Millionen Mitglieder zählenden Vereins erarbeitet werden. Voraussichtlich am 6. Dezember soll eine außerordentliche Hauptversammlung in München über das umfassende Reformpaket entscheiden, das das Gesicht des Clubs grundlegend verändern könnte.

„Die Krise hat den ADAC wachgerüttelt. Sie hat uns klar gezeigt, dass wir im Kern immer noch hervorragende und wichtige Arbeit leisten, aber uns noch neu ausrichten müssen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, am Ende daraus gestärkt hervorzugehen“, sagte Markl. Ihm liegt die Rückbesinnung auf den Vereinscharakter am Herzen. Dieser Status müsse erhalten werden. Dafür brauche es eine Abgrenzung zu den wirtschaftlichen Aktivitäten, ohne diese aber aufzugeben.

So sollen etwa Aufsichtsräte wie bei der Versicherungstochter des ADAC künftig mit Fachleuten von außen und nicht mit ehrenamtlichen Funktionären besetzt werden. Firmen und ihre Angebote werde der ADAC auch in Zukunft brauchen, um die „Qualität der Mitgliederleistungen aufrecht zu erhalten“. Allerdings würden die wirtschaftlichen Ziele auf ein „sinnvolles Maß“ zurückgeführt. „Mitgliederorientierung kommt beim ADAC klar vor wirtschaftlicher Orientierung“, sagte Markl.

Zugleich bat er um Geduld. „Wir werden den ADAC nicht über Nacht reformieren können.“ Es werde viele Monate dauern, bis alle Fragen beantwortet seien. „Aber wir werden sie beantworten.“ Auch die Lobby-Arbeit will der Funktionär zurückfahren. In politische Debatten wolle sich der ADAC nicht mehr direkt einmischen. Sollte man Projekte wie die von der CSU geforderte Autobahnmaut für Ausländer ablehnen wollen, werde man zunächst die Mitglieder befragen.

Transparenter will der Club auch bei seinen Zahlen werden. Zur Bilanz-Pressekonferenz am 30. Juni werde der ADAC auch die Struktur seiner Firmenbeteiligungen offenlegen. Laut Geschäftsführerin Marion Ebentheuer hat der Verein ein Vermögen von rund einer Milliarde Euro, alle ADAC-Vereine zusammen eine Bilanzsumme von 3,5 Milliarden Euro.

Markl bleibt erstmal an der Spitze. Wie erwartet verschob der ADAC die Neuwahl seines Präsidenten. Frühstens auf einer außerordentlichen Versammlung am 6. Dezember, spätestens aber im Mai 2015 auf der planmäßigen Tagung des Gremiums in Bochum, solle der Posten neu besetzt werden. Markl war kommissarisch eingesetzt worden, nachdem Peter Meyer im Zuge des Skandals Mitte Februar zurückgetreten war.

ADAC-Beirätin Edda Müller, Deutschland-Chefin von Transparency International, mahnte grundlegende Reformen an. Auch die bisherigen personellen Konsequenzen reichten nicht aus. „Damit ist die ADAC-Welt längst nicht wieder in Ordnung“, sagte sie in Saarbrücken. Der aus dem Saarland stammende Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) ermutigte den Club: „Ich habe als Kind gelernt: Es ist keine Schande hinzufallen. Es ist eine Schande nicht wieder aufzustehen.“

Nicht nur dabei setzt der ADAC auf Hilfe von außen. Einen weiteren Beitrag erhofft sich der Club von einem Whistle-Blower-System. Über ein via Internet benutzbares Portal kann Jedermann auch anonym Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Verstöße geben. Die Meldungen werden nicht vom Autofahrerclub selbst verarbeitet, sondern gehen an eine externe Anwaltskanzlei, um die Unabhängigkeit der Überwachung zu gewährleisten. Solche Systeme gibt es auch bei großen Unternehmen.

Der ADAC war nach dem Bekanntwerden von Fälschungen beim Autopreis „Gelber Engel“ im Januar in eine tiefe Vertrauenskrise geraten. In der Folge musste sich der Autofahrerclub immer neuen Vorwürfen stellen. Rund 290 000 Mitglieder kehrten dem Verein seither den Rücken. Den seit Jahren anhaltenden Zustrom neuer Mitglieder konnte das aber nur deutlich bremsen. Zum 30. April hatte der ADAC 18 960 216 Mitglieder, immerhin 17 415 mehr als zu Jahresanfang.