Aigner für Nachbesserung der EU-Pläne zur Agrarreform
München/Berlin (dpa) - Im neuen Jahr steht ein hartes Ringen um die Neugestaltung der EU-Agrarzuschüsse ab 2014 an. Bundesagrarministerin Ilse Aigner ist unzufrieden mit dem Brüsseler Vorschlag.
Aigner nannte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa mehrere Änderungswünsche: bei Umweltauflagen, Bürokratie, Flächenstilllegungen und der Definition des „aktiven Landwirts“. Die Debatte sei ganz am Anfang. „Wir werden noch viele Diskussionen bestehen müssen“, sagte die Ministerin. „Eine unserer Kernforderungen: Es muss einfacher werden.“
EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos will die Agrarzuschüsse mehr an Umweltstandards knüpfen als bisher - andernfalls drohen den Bauern Zuschusskürzungen. „Selbst die EU-Kommission räumt ein, dass die geplanten Regeln mit bis zu 15 Prozent mehr Bürokratie verbunden sein könnten“, warnte Aigner. „Die Landwirte müssen jetzt schon 18 verschiedene Verordnungen erfüllen.“
Wenn ein Landwirt die sogenannten Greening-Auflagen nicht erfülle, sei noch nicht geklärt, wie die Zuschüsse gekürzt werden sollen: „Bekommt er dann 30 Prozent weniger, bekommt er gar nichts mehr oder bekommt er eine gestaffelte Kürzung je nach Schwere des Verstoßes?“ In Europa würden keine neuen bürokratischen Monster gebraucht, sondern eine zukunftsweisende Landwirtschaftspolitik, die Bauern, Betrieben und allen Verbrauchern nutzt, betont Aigner.
Auf der anderen Seite will Ciolos Kleinbauern von allen Umwelt-Auflagen freistellen. Damit gemeint seien Betriebe wie in Rumänien, Bulgarien oder Teilen Polens mit zwei oder drei Hektar Fläche, sagte Aigner dazu. „Es kann nicht im Sinne der Umwelt sein, alle Kleinbetriebe von den Auflagen freizustellen. Berücksichtigt man, dass die Betriebe in den osteuropäischen EU-Staaten viel kleiner sind als in Deutschland, würde das bedeuten, ganze Länder zu großen Teilen von den Umwelt-Auflagen freizustellen. Das halte ich für falsch.“
Ciolos will außerdem weitere Agrarflächen in größerem Umfang stilllegen - was Aigner ebenfalls ablehnt. „Die weltweite Anbaufläche pro Erdbewohner hat sich in den vergangenen Jahrzehnten halbiert, während die Weltbevölkerung immer noch wächst. Erst kürzlich haben wir die Marke von sieben Milliarden Menschen überschritten.“ Allein in Deutschland gingen jeden Tag 70 bis 80 Hektar Land verloren. „Da frage ich mich, ob weitere umfangreiche Stilllegungen sinnvoll sind. Hier brauchen wir bessere Lösungen im Sinne der Umwelt, der Ernährungssicherung und vitaler ländlicher Räume.“
Der nächste Streitpunkt: Die Definition des „aktiven Landwirts“, die Ciolos vorgeschlagen hat. Der Kommissar will vermeiden, dass auch Nicht-Landwirte Agrarzuschüsse erhalten. Doch mit Ciolos' Vorschlag habe sie große Probleme, sagte Aigner. Die Kommission wolle die Zuschüsse davon abhängig machen, dass die Direktzahlungen eines Landwirts mindestens fünf Prozent seiner nichtlandwirtschaftlichen Einkünfte betragen.
„Auch das würde sehr viel Bürokratie verursachen, weil dann bis ins Detail Nachweise verlangt werden müssten, welcher Teil des Einkommens mit der Landwirtschaft erzielt wird, welcher zum Beispiel mit Tourismus oder erneuerbaren Energien.“ Die Zuschüsse sollten an die Bewirtschaftung von Flächen gekoppelt sein und nicht an die Betriebsform, verlangte Aigner. „Flugplätze und Golfplätze auszuschließen, ist möglich und wird bei uns in Deutschland bereits jetzt schon gemacht.“