Airbus A350: Großkunde Emirates macht einen Rückzieher

Toulouse/Dubai/Hamburg (dpa) - Herber Rückschlag für Airbus: Wenige Monate vor der Erstauslieferung des neuen Langstreckenjets A350 hat die arabische Fluglinie Emirates ihre komplette Bestellung über 70 Maschinen annulliert.

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Emirates-Chef Tim Clark habe seine Flottenplanung überdacht und geändert, räumte Airbus-Verkaufschef John Leahy am Mittwoch in Toulouse ein. Der Auftragsbestand für den neuen Airbus-Hoffnungsträger bleibt trotz Abbestellung mit 742 Stück aber immer noch hoch.

Während die Araber ihre Bestellung für das Airbus-Flaggschiff, den doppelstöckigen Großraumjet A380, erst jüngst erweitert hatten, setzen sie im nächstkleineren Segment bei der neuen Flugzeuggeneration nur noch auf Modelle des Airbus-Rivalen Boeing. Über die genauen Gründe für die Stornierung schwieg sich Emirates aus.

Die Aktie des Airbus-Mutterkonzerns Airbus Group reagierte mit einem deutlichen Kursabschlag auf die Nachrichten. Um die Mittagszeit lag das Papier an der Pariser Börse mit 3,97 Prozent im Minus bei 51,73 Euro und war damit zweitschwächster Wert im französischen Index CAC 40.

Der nun stornierte Großauftrag hatte bei Unterzeichnung im Jahr 2007 laut Preisliste einen Gesamtwert von rund 16 Milliarden US-Dollar (11,8 Mrd Euro). Heute würden für die 70 Maschinen laut Liste sogar gut 21 Milliarden Dollar fällig. Allerdings sind bei Flugzeugbestellungen Nachlässe im zweistelligen Prozentbereich üblich. Die erste A350 soll Ende 2014 bei der arabischen Qatar Airways in den Liniendienst gehen.

In der Airbus-Produktion reißt trotz der Abbestellung nicht unmittelbar ein Loch auf. Denn die Maschinen für Emirates sollten erst in den Jahren 2019 bis 2023 ausgeliefert werden. „Das bringt uns jetzt keine finanziellen Belastungen“, sagte Airbus-Manager Leahy. Er hofft, rechtzeitig genügend neue Bestellungen für den Jet hereinzuholen.

Auch Nina Ohlerich von Airbus Deutschland in Hamburg sagte: „Die Storno-Entscheidung hat keine Auswirkungen auf die Standorte oder auf Arbeitsplätze in Deutschland.“ Die frei werdenden Bauslots würden durch andere Fluggesellschaften oder neue Aufträge aufgefüllt. Sie verwies ebenfalls auf den großen Auftragsbestand. Airbus, aber auch sein Erzrivale Boeing, halten milliardenschwere Orderbücher vor, ihre Werke sind für Jahre ausgelastet.

Der Langstreckenjet A350 ist der jüngste Spross von Airbus und soll für Jahrzehnte zum Kassenschlager werden. Erst auf Druck großer Kunden hatte sich Airbus entschlossen, den Flieger als völlige Neukonstruktion in Angriff zu nehmen. Die Schätzungen für die Entwicklungskosten liegen bei mehr als zehn Milliarden Euro.

Die A350-Flugzeuge werden zwar am Airbus-Stammsitz in Toulouse endmontiert, die deutschen Airbus-Werke sind aber eng eingebunden. So entstehen im größten deutschen Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder die hinteren und mittleren Rumpfabschnitte, zudem wurde an der Elbe die komplette Kabinenausstattung und der Rumpf entwickelt. Aus Stade kommen Seitenleitwerk sowie die Oberschale der Tragfläche. Auch Airbus in Bremen ist beteiligt mit der Entwicklung der Hochauftriebssysteme, dazu zählen die Landeklappen, sowie mit der Ausrüstung der aus Großbritannien angelieferten Flügel.

Emirates bleibt trotz der Abbestellung Großkunde bei Airbus. Erst im vergangenen Jahr hatte die Gesellschaft ihre Bestellungen für den Superjumbo A380 von 90 auf 140 Maschinen aufgestockt. Allerdings gab Emirates auch einen Großauftrag über 150 Exemplare der Boeing 777X ab - dem Konkurrenzmodell für die A350. Eine Emirates-Sprecherin dementierte nun, dass die jüngste A380-Order mit der jetzigen Abbestellung der A350 zusammenhänge.

Emirates-Manager Tim Clark hatte zumindest an der Langversion A350-1000 seit geraumer Zeit Kritik geübt. Von den nun erfolgten Abbestellungen entfielen alleine 20 auf die Langversion mit Platz für bis zu 370 Passagiere. Airbus hatte die Erstauslieferung der A350-1000 bereits vor längerem um zwei Jahre auf 2017 nach hinten verschoben.

Der Triebwerksbauer Rolls-Royce hatte versprochen, die Leistung der Antriebe des Fliegers deutlich zu steigern. Bei dem britischen Unternehmen schrumpft der Auftragsbestand infolge der Emirates-Absage nun um 3,5 Prozent um rund 2,6 Milliarden britische Pfund (rund 3,2 Mrd Euro).