Airbus und Boeing reklamieren WTO-Urteil für sich

Genf/Brüssel/Washington/Paris (dpa) - Welche Seite hat nun im jahrelangen Streit um staatliche Beihilfen für die beiden Flugzeugbauer Airbus und Boeing gewonnen? Eine am Mittwoch veröffentlichte Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO hat mehr Verwirrung gestiftet als Klarheit geschaffen.

Beide Seiten - die EU und Airbus sowie die USA und Boeing - reklamierten den Sieg für sich. EU-Handelskommissar Karel De Gucht erklärte in Brüssel: „Ich bin ausgesprochen erfreut über dieses wichtige Ergebnis.“ Der Belgier sagte weiter: „Der zentrale US-Vorwurf, wonach Airbus verbotene Exporthilfen erhalten hat, ist vollständig zurückgewiesen worden.“ Zudem seien Vorwürfe im Hinblick auf Forschung und Entwicklung sowie Infrastruktur entweder abgewiesen oder nur teilweise akzeptiert worden.

Allerdings hielt die WTO an ihrer Entscheidung über die Unrechtmäßigkeit der Anschubfinanzierung für den doppelstöckigen A380 weitgehend fest. Sie habe auch den US-Flugzeugbauer Boeing stark geschädigt, stellte eine Berufungsinstanz in Genf fest. Allerdings seien sie nicht so hoch, wie im Juni 2010 von der WTO angegeben.

In der Tat sieht die Berufungsinstanz nach Angaben der US-Seite die beanstandeten Gesamtbeihilfen für Airbus nun noch bei 18 Milliarden Dollar nach vormals 20 Milliarden Dollar. Tim Reif, der Chefjustiziar des US-Handelsbeauftragten, sah die Position seiner Regierung aber grundsätzlich bestätigt. „Airbus hätte keines seiner großen Flugzeuge bauen können ohne die staatlichen Hilfen.“

Die USA und die EU werfen sich seit Jahren gegenseitig unfaire staatliche Subventionen für die beiden großen Flugzeugbauer vor. Im jetzigen Falle hatte die EU Berufung gegen eine Entscheidung der WTO im vergangenen Jahr eingelegt.

Airbus selbst nannte die WTO-Entscheidung einen großen Sieg für Europa. „Wir sind mit den Ergebnissen zufrieden und gratulieren der EU, die dieses Verfahren so erfolgreich geführt und in allen wichtigen Punkten gewonnen hat“, sagte Firmenchef Tom Enders. Airbus wolle diese Art der öffentlich-privaten Partnerschaft bei künftigen Entwicklungsprogrammen fortführen.

Die USA hatten insbesondere die sogenannte Anschubfinanzierung bei Airbus kritisiert. Das sind staatliche Kredite für die Entwicklung und den Bau neuer Flugzeuge. Die Hilfen hätten den weltweiten Markt für große zivile Flugzeuge verzerrt, sagte US-Vertreter Reif. „Das hat Airbus einen unfairen Vorsprung gebracht.“ Zu den Staaten, die Airbus subventioniert hätten, gehörten Frankreich, Spanien, Großbritannien und Deutschland.

Boeing habe Marktanteile verloren, klagte Reif. Er führte eine Reihe von Fluggesellschaften auf, die statt zu Boeing-Fliegern zu Airbus-Maschinen gegriffen hätten, darunter Air Berlin, Easyjet Iberia, Singapore Airlines, Emirates und Quantas. „Die Subventionen haben Auswirkungen bis heute“, sagte Reif und monierte vor allem die niedrigen Kreditzinsen. Nach seinen Angaben muss die WTO-Entscheidung binnen sechs Monaten umgesetzt werden. „Wir warten auf die Vorschläge der EU.“