Amflora: Gen-Kartoffel ist zugelassen
Kehrtwende der EU bringt Naturschützer in Rage.
Brüssel. "Überfällig", wie die Industrie jubelt, oder "überflüssig", wie die Grünen schimpfen? Auf jeden Fall: überraschend. Die EU-Kommission erlaubt den Anbau und Verkauf von bestimmten Genpflanzen. Der Chemieriese BASF darf noch in diesem Jahr die gentechnisch veränderte Kartoffel "Amflora" in großem Stil anbauen.
Die Knolle soll zwar nicht im Supermarkt oder auf dem Teller landen, denn die Zulassung gilt nur für Tierfutter und für die industrielle Produktion. Aber als Lebensmittel wollte die BASF die Kartoffel sowieso nie vermarkten, zumal sie ohnehin nicht schmackhaft ist.
Zweck des Anbaus ist vielmehr, viel Stärke zu gewinnen, um damit besonders glänzendes Papier oder länger verarbeitbare Klebstoffe und Beton zu produzieren. Und damit sich die Sache richtig lohnt, sollen die Reste, die bei der Stärkeherstellung übrig bleiben, an Tiere verfüttert werden.
Die gestern verkündete Entscheidung des frischgebackenen EU-Gesundheitskommissars John Dalli aus Malta stellt eine unerwartete Kehrtwende in der Gentechnik-Politik der EU-Behörde dar. Denn damit - und mit der gleichzeitigen Erlaubnis zum Verkauf von Maissorten des Gen-Pflanzen-Riesen Monsanto - beendet die EU-Kommission ohne Vorwarnung ihr bisheriges Spiel auf Zeit.
Seit 13 Jahren wartet BASF auf die Lizenz zum Anbau der Stärke-Knolle. Vor vier Jahren wurde der Amflora erstmals ein EU-amtliches Unbedenklichkeits-Zeugnis ausgestellt.
Da sich anschließend keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten fand, die sich entweder klar für noch klar gegen eine EU-Erlaubnis aussprach, pendelte der Fall zwischen den Gremien hin und her, wurden neue Gutachten verfasst und dabei abermals keine besonderen Gesundheitsrisiken ermittelt - zumindest nicht von den EU-Prüfern.
Naturschützer indes haben erhebliche Zweifel an der Unschädlichkeit der Kartoffel - wegen deren Resistenz gegen wichtige Antibiotika. Es gebe keine Garantie, dass die Amflora, sobald sie großflächig angebaut werde, nicht doch eines Tages unabsichtlich in die Nahrungskette gelange, mahnt der Bund Umwelt und Naturschutz.