Anwalt sieht Zeitarbeitsbranche in Gefahr

Erfurt (dpa) - Der Zeitarbeitsbranche könnte eine Pleitewelle drohen, sollte das Bundesarbeitsgericht einen Teil der seit Jahren abgeschlossenen Tarifverträge für ungültig erklären. „Es geht um die Existenz von vielen tausend Zeitarbeitsfirmen und deren Kunden“.

Das sagte der Anwalt des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) am Dienstag am Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Der Erste Senat des Gerichts wollte noch am gleichen Tag entscheiden, ob die 2002 gegründete Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) Tarifverträge abschließen durfte.

Die Gewerkschaft Verdi und das Land Berlin hatten die Tariffähigkeit der CGZP angezweifelt und ihr Dumpingverträge vorgeworfen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg als Vorinstanz hatte der CGZP im Dezember 2009 die Tariffähigkeit abgesprochen.

Die Christliche Tarifgemeinschaft soll nach Schätzungen Verträge für rund 200 0000 Leiharbeiter vor allem mit dem Verband Mittelständischer Personaldienstleister, aber auch zwei anderen Arbeitgeberorganisationen der Zeitarbeit abgeschlossen haben. Von etwa 1600 Firmen, darunter auch kleinen Verleihern mit Haustarifverträgen, ist die Rede.

Sollte der CGZP die Tariffähigkeit vom Bundesarbeitsgericht abgesprochen werden, drohen den Firmen mit entsprechenden Tarifverträgen hohe Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie Löhnen und Gehältern. Fachleute wie der Arbeitsrechtsprofessor Peter Schüren von der Universität Münster und die IG Metall gehen allein bei den Sozialbeiträgen, die nachträglich eingetrieben werden müssten, von zwei Milliarden Euro aus.

Das Bundesarbeitsgericht beschreite mit dem Verfahren Neuland, sagte Präsidentin Ingrid Schmidt. Sie ist zugleich die Vorsitzende des Ersten Senats. Die obersten deutschen Arbeitsrichter hätten sich bisher noch nicht mit einer Spitzenorganisation auf Arbeitnehmerseite befassen müssen, „die in eigenem Namen Tarifverträge abgeschlossen hat“. Rechtlich ist es so, dass Leiharbeiter, für die es keinen gültigen Tarifvertrag gibt, Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaften in den entleihenden Unternehmen haben. Dieses „Equal-Pay-Prinzip“ ist gesetzlich geregelt.