Arbeit wird in Deutschland schnell teurer
Wiesbaden (dpa) - Arbeit wird in Deutschland im Moment schnell teurer. Im ersten Quartal sind die Arbeitskosten mit 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum so stark gestiegen wie noch nie seit der Wirtschaftskrise 2008/2009.
Vor allem zusätzliche Krankheitstage aber auch höhere Löhne und Gehälter haben für diese Entwicklung gesorgt, berichtete das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden.
Die Kosten stiegen in Deutschland weit schneller als im Schnitt der EU, wo wie in der Eurozone nur eine Steigerung von 1,6 Prozent registriert wurde.
Die zusätzlichen Krankentage haben die von den Unternehmen zu tragenden Lohnnebenkosten überproportional um 5,3 Prozent wachsen lassen, wie die Statistiker erläuterten.
Die Bruttolöhne und -gehälter stiegen binnen Jahresfrist um 3,5 Prozent. Zum Vorquartal betrug das Plus der zusammengefassten Arbeitskosten kalender- und saisonbereinigt 1,1 Prozent.
Seit 1997 hatte es nur im zweiten Quartal des Krisenjahrs 2009 mit 4,5 Prozent eine höhere Steigerung der Arbeitskosten gegeben. Damals mussten vor allem die hohen Kosten der Kurzarbeit bewältigt werden.
Im europäischen Vergleich stiegen die deutschen Arbeitskosten im Jahr 2012 mit 2,7 Prozent stärker als der EU-Schnitt von 1,6 Prozent, wie das Bundesamt weiter berichtete. Dieser Wert wurde auch für die Eurozone festgestellt.
Damit setzte sich die Entwicklung aus den Vorjahren fort. Seit 2010 konnten Arbeitnehmer in Deutschland Reallohngewinne realisieren. Umgekehrt verlieren insbesondere exportorientierte deutsche Unternehmen damit Wettbewerbsvorteile, die durch zusätzliche Produktivität ausgeglichen werden müssen.
Die Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Krisenländer verbessert sich, wenn ihre Arbeitskosten langsamer steigen als in Deutschland. Dies war im vergangenen Jahr unter anderem in Spanien (-0,2 Prozent) und Italien (+1,0 Prozent) der Fall.
Vor allem in Griechenland (-11,1 Prozent) und in Portugal (-8,7 Prozent) verringerten sich die Arbeitskosten bei hoher Arbeitslosigkeit 2012 deutlich. Für die Griechen fielen sie auf das Niveau von 2002. Steile Kostenanstiege verzeichneten hingegen Rumänien (+6,6), Estland (+5,8) und Bulgarien (+5,4) sowie Österreich (+5,0). Das kriselnde Frankreich lag mit 2,0 Prozent ebenfalls über dem Euro-Schnitt.
Die Bundesbank erwartet auch für dieses und das nächste Jahr steigende Tarifgehälter für die Beschäftigten in Deutschland. In ihrem jüngsten Monatsbericht vom Freitag nennt sie ein Plus von 2,7 Prozent in diesem Jahr und 2,9 Prozent im kommenden Jahr.
Dieser Kostenanstieg werde aber durch geringere Prämienzahlungen sowie durch Abschläge bei den Sozialversicherungen gebremst. Unter dem Strich sollten die Arbeitnehmer im laufenden Jahr mit 2,25 Prozent höherem Entgelt nach Hause gehen und im kommenden mit 2,75 Prozent Plus.