Arbeitsmarkt trotzt Wirtschaftsflaute

Berlin (dpa) - Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet ebenso wie Konjunkturforscher trotz der aktuellen Wirtschaftsflaute vorerst nicht mit Rückschlägen auf dem Arbeitsmarkt. Zumindest für die nächsten sechs Monate zeichne sich keine Verschlechterung der Lage ab, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise.

Die Jobchancen für Erwerbslose blieben gut. „Der Arbeitsmarkt zeigt sich weiter robust - unbeeindruckt von der aktuellen konjunkturellen Schwächephase.“ Trotz des stagnierenden Stellenangebots deute derzeit nichts auf eine Trendwende am Arbeitsmarkt hin, unterstrich Weise.

Im Februar hatte Deutschland trotz sibirischer Kälte zum Winterausklang die niedrigste Februar-Arbeitslosigkeit seit 21 Jahren erlebt. Insgesamt waren 3 110 000 Männer und Frauen ohne Stelle. Das seien zwar witterungsbedingt 26 000 mehr als im Januar gewesen, aber 203 000 weniger als vor einem Jahr, berichtete die BA. Die Arbeitslosenquote ging binnen Jahresfrist von 7,9 auf 7,4 Prozent zurück - im Vergleich zum Januar stieg sie allerdings um 0,1 Punkte an.

Der leichte Rückgang bei den offenen Stellen stellt für Weise ebenso wenig ein erstes Anzeichen für eine Trendwende dar wie die Stagnation der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl im Februar - in der Regel ein Hinweis auf die geringe Schubkraft der Konjunktur. „Das ist im Moment eine Delle, aber noch kein Ausdruck einer bevorstehenden negativen Entwicklung“, urteilte der Chef der Nürnberger Bundesbehörde. Ob bereits schon wieder im März die psychologisch wichtige Drei-Millionen-Marke bei der Arbeitslosenzahl unterschritten wird, hängt nach seiner Einschätzung vom Wetter ab.

Auch nach dem Urteil des Münchner Ifo-Instituts ist ein Ende des deutschen Jobwunders vorerst nicht in Sicht: „Die Personalplanungen sind nach wie vor auf Expansion ausgerichtet“, berichtete Ifo-Ökonom Klaus Abberger in einem Interview mit der „Financial Times Deutschland“ (Mittwoch). Die Sorgen, dass der Arbeitsmarktaufschwung bald vorbei sein könnte, seien inzwischen weitgehend verflogen. Der Arbeitsmarkt sei trotz der Schwierigkeiten in der Euro-Zone in einer robusten Verfassung. „Die Unternehmen in Deutschland planen weiterhin, die Mitarbeiterzahl zu erhöhen“, berichtete Abberger unter Berufung auf eine Umfrage unter Konjunkturexperten.

Auch für Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) steht der Arbeitsmarkt weiterhin „grundsolide da“. Der gemessene Zuwachs sei „der sibirischen Kälte geschuldet, die wir im letzten Monat plötzlich erlebt haben.“ Diese habe sich vor allem auf die Landwirtschaft und Gärtnereien sowie die Bauwirtschaft ausgewirkt. Für Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erweist sich der deutsche Arbeitsmarkt „einmal mehr als wichtiger Stabilitätspfeiler“. Auch die Zukunft sieht Rösler positiv: „Es ist davon auszugehen, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt mit der erwarteten Belebung der Konjunktur im Frühjahr weiter verbessern wird.“

Befürchtungen mancher Politiker, wegen der Griechenlandkrise und besonders im Fall einer Staatsinsolvenz könnte es in Deutschland zu einem Ansturm griechischer Jobsucher kommen, teilt Weise derweil nicht. Er räumte zwar ein, dass sich derzeit in einer Datenbank des Euro-Netzwerks der europäischen Arbeitsagenturen bereits rund 25 000 Griechen als auswanderungswillig haben registrieren lassen. Doch aufgrund fehlender Deutschkenntnisse dürften sie nur geringe Chancen auf einen Arbeitsplatz bei deutschen Unternehmen haben.

Kritisch sehen weiterhin Vertreter der Berliner Oppositionsparteien die Lage auf dem Arbeitsmarkt. So könnten immer weniger Menschen von ihrer Arbeit leben, bemängelte etwa die Linken-Abgeordnete Brigitte Zimmermann mit Blick auf Beschäftigte, die auf aufstockende Hartz-IV-Zahlungen angewiesen sind. Sie forderte daher einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. „Tiefgreifende Probleme“ sehen auch die Grünen im Bundestag hinter den offiziellen Arbeitslosenzahlen. So tauchten fast 100 000 ältere Hartz-IV-Empfänger in der Statistik seit neuestem nicht mehr auf. Ein Drittel der Jobangebote komme aus der Leiharbeit, die vielen Jobsucher keine Perspektive biete.