Arbeitsmarkt trübt sich 2013 ein
Nürnberg (dpa) - Die Konjunkturflaute in Deutschland belastet zunehmend den Arbeitsmarkt und könnte die Zahl der Arbeitslosen nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) im kommenden Jahr wieder über die Drei-Millionen-Marke steigen lassen.
Nach einer schwierigeren ersten Jahreshälfte rechne er aber bereits im zweiten Halbjahr 2013 wieder mit einer Entspannung der Lage, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise am Donnerstag in Nürnberg. Im Jahresdurchschnitt erwarte er eine stagnierende Entwicklung. Derzeit halte er den deutschen Arbeitsmarkt aber für robust, unterstrich Weise.
Im November war die Zahl der Erwerbslosen nur noch um 2000 auf 2,751 Millionen gesunken. Der Rückgang fiel damit deutlich schwächer aus als im Schnitt der vergangenen drei Jahre. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell unverändert bei 6,5 Prozent. Doch ohne den in dieser Jahreszeit üblichen Herbstaufschwung wäre die Zahl der Erwerbslosen im November um 5000 gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr waren in Deutschland 38 000 Menschen mehr ohne Beschäftigung.
„Die Daten zeigen überwiegend eine Seitwärtsbewegung“, kommentierte Weise die Zahlen. Bestärkt sieht er sich in seiner Einschätzung nicht nur durch die große Zahl offener Stellen, sondern auch durch die Beschäftigtenstatistik. Danach hat es zuletzt 41,94 Millionen Arbeitsplätze gegeben - 279 000 mehr als vor einem Jahr (Oktoberdaten). Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag mit 29,39 Millionen sogar um 407 000 über dem Vorjahresniveau (Stand September).
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht den deutschen Arbeitsmarkt derweil „in unruhigem Umfeld weiterhin widerstandsfähig“. Zusammen mit der Bundesagentur beobachte ihr Ministerium aufmerksam die neuen Entwicklungen. „Wir sind hoch wachsam, aber es gibt keinen Grund für hektische Reaktionen. Das gilt auch für das Thema Kurzarbeit“, betonte sie.
Ungleich skeptischer beurteilen dagegen die Arbeitsagenturen vor Ort die Lage. „Sie sehen, dass die Arbeitslosigkeit tendenziell ansteigen wird - und nicht nur wegen des bevorstehenden Winters“, berichtete BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. Er berief sich dabei auf die monatliche Umfrage der Behörde bei den Agenturchefs. „In einigen Agenturen stehen die Ampeln bereits auf rot, in anderen auf rot-gelb“, berichtete Becker. Grüne Ampeln, die im internen Berichtssystem der BA eine gute Arbeitsmarktlage signalisieren, gebe es kaum noch.
Die Nachfrage nach Kurzarbeit bewegt sich nach Beckers Angaben derzeit noch im normalen Rahmen. Aktuell befänden sich etwa 58 000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Im Jahresdurchschnitt 2012 seien es 60 000 bis 65 000. Darüber hinaus lägen der Bundesagentur Anfragen für 45 000 Kurzarbeiter vor. Zuversichtlich stimme ihn, dass die Kurzarbeit in den meisten Fällen nur wenige Monate dauere, sagte Becker. Trotzdem sei die Bundesagentur im Gespräch über eine Neuauflage der früheren Regelung, die Kurzarbeit von bis zu einem Jahr ermöglicht hatte.
Extrem unterschiedlich bewerteten am Donnerstag Regierungs- und Oppositionsparteien die aktuellen Arbeitsmarktdaten. Während die FDP im Bundestag von einem stabilen und soliden deutschen Arbeitsmarkt sprach, sah die SPD-Bundestagsfraktion bereits „dunkle Wolken am Horizont“. Der Wachstumseinbruch wirke sich immer stärker auf den Arbeitsmarkt aus, betonte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil. Für die Linkspartei hat mit der Stagnation im November „die Krise den deutschen Arbeitsmarkt endgültig erreicht“. Für die Grünen zeigen die jüngsten Zahlen, dass die „fetten Jahre vorbei sind“.
Das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Annelie Buntenbach, warnte dagegen vor der Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft in den Sog der europäischen Rezession gezogen wird. „Wir fordern die Bundesregierung auf, die notwendige Vorsorge zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu treffen und den Einsatz von Kurzarbeit umgehend zu erleichtern.“ Im ersten Schritt solle die derzeit mögliche Dauer der Kurzarbeit erneut auf mehr als sechs Monate erhöht werden.