NRW Arbeitsplatz nicht vor der Haustür
Kreisfreie Städte in der Region haben meist mehr Ein- als Auspendler. Und sie kommen nicht nur aus der Nachbarschaft.
Düsseldorf. Glaubt man dem, was Verkehrsmediziner, Psychosomatiker, Psychotherapeuten und Wissenschaftler seit Jahren versichern, dann sind nicht nur falsche Ernährung und Bewegungsmangel schlecht für die Gesundheit, sondern auch ein zu langer Arbeitsweg. Den „zusätzlichen Stressfaktor“, den IT NRW-Präsident Hans-Josef Fischer bei der gestrigen Präsentation der Pendlerrechnung 2015 ausmachte, kennt jeder, der morgens in Bus, Bahn oder Auto steigt: Gibt es Verspätungen oder einen Stau? Schaffe ich es rechtzeitig zum Termin oder zum Arbeitsplatz?
Ungeachtet dessen ist Pendeln auch im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung Alltag — wobei in den meisten kreisfreien Städten ein Einpendlerüberschuss besteht (s. Grafik). Nur in Solingen verlassen mehr Menschen die Stadt, als umgekehrt Erwerbstätige morgens nach Solingen zur Arbeit pendeln.
Düsseldorf: Die Landeshauptstadt hat mit 58 Prozent die höchste Einpendlerquote unter den zehn größten Städten in NRW und nach Köln auch absolut Tag für Tag die meisten Einpendler im Land. Jeweils gut 18 000 Pendler kommen dabei aus Duisburg und Neuss. Weitere große Düsseldorfer Einpendlergemeinden sind Köln, Ratingen und Essen.
Wuppertal: Hier gibt es ein fast ausgeglichenes Verhältnis zwischen Ein- und Auspendlern. Die meisten Menschen, die zur Arbeit nach Wuppertal pendeln, stammen aus Remscheid (rund 5500), Solingen (4800) und Velbert (3800). Aber selbst aus Köln kommen täglich knapp 1600 Menschen.
Solingen: Die bergische Stadt verzeichnet einen Auspendlerüberschuss. Der Radius reicht von Essen im Norden bis nach Köln im Süden. Die meisten Solinger arbeiten aber in Düsseldorf (5300) und Wuppertal (4800). Knapp 70 Prozent der Solinger Auspendler sind im produzierenden Gewerbe tätig, gut 30 Prozent im Dienstleistungssektor. Auch für Auszubildende gehört das Pendeln schon dazu: Rund 1000 haben ihren Ausbildungsplatz außerhalb Solingens.
Remscheid: Viel stärker als die Solinger stehen die benachbarten Remscheider beim Pendeln in unmittelbarem Austausch mit ihren Nachbarstädten. Die fünf größten Einpendlergemeinden Wuppertal, Wermelskirchen, Solingen, Radevormwald und Hückeswagen grenzen an das Stadtgebiet an. Und auch bei den Auspendlergemeinden schafft es das entferntere Düsseldorf nach Wuppertal, Wermelskirchen, Solingen und Radevormwald nur so gerade noch unter die ersten fünf.
Krefeld: Für Krefelder Pendler ist Düsseldorf mit weitem Abstand der größte Anziehungspunkt: Fast 10 000 Menschen fahren täglich in die Landeshauptstadt, gut 3600 dann auch ins benachbarte Duisburg. Umgekehrt ist Duisburg mit 6600 Pendlern auch die stärkste Einpendlergemeinde. Aber Menschen von Essen bis Mönchengladbach finden in Krefeld Arbeit, gut 60 Prozent im produzierenden Gewerbe.
Keinen Aufschluss gibt die jährliche Pendlerrechnung von IT NRW über das benutzte Verkehrsmittel. Das wird nur alle fünf Jahre beim Mikrozensus abgefragt, einer gesonderten Befragung von einem Prozent der Haushalte. Klar ist nur: Die am meisten gestresste Pendlergruppe sind die Autofahrer. Und nach früheren Angaben des Wiesbadener Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zeigen Studien, dass bei Fernpendlern, die eine Wegstrecke von mindestens einer Stunde oder 50 Kilometern zur Arbeitsstelle zurücklegen, das Risiko für einen schlechten Gesundheitszustand etwa doppelt so hoch wie bei Nichtpendlern.