Argentinien sucht Ausweg aus der Staatspleite
Buenos Aires/New York (dpa) - Kurz nach der erzwungenen Staatspleite von Argentinien suchen Regierung und Gläubiger nach einem Ausweg aus dem Dilemma. Die Möglichkeiten reichen vom Einspringen von Banken bei der Schuldentilgung bis hin zu einem Prozess vor dem Internationalen Gerichthof in Den Haag.
Damit könnte es sowohl zu einer friedlichen Lösung im Streit mit Hedgefonds und der US-Justiz kommen, als auch zu einer Verschärfung der Konfrontation.
Das Land darf laut einem US-Gerichtsurteil einen Teil seiner Gläubiger nicht mehr auszahlen, solange 1,5 Milliarden Dollar an Altschulden bei den New Yorker Hedgefonds NML Capital und Aurelius nicht beglichen sind. Schulden bei anderen Investoren über rund 540 Millionen Dollar konnten deshalb zuletzt nicht bedient werden - die Ratingagenturen stuften Argentinien daraufhin als „eingeschränkten Zahlungsausfall“ oder zu deutsch als Pleite ein.
„Man hat den eingeschränkten Zahlungsausfall erfunden, er existiert nicht“, erklärte die argentinische Präsidentin Cristina Fernández Kirchner hat am Donnerstag (Ortszeit) in einer Ansprache.
Argentiniens Wirtschaftsminister Axel Kicillof sagte: „Argentinien hat bezahlt, aber die Anleihehalter haben kein Geld bekommen.“ Argentinien hatte die Anleihen nach US-Recht ausgegeben und die Zahlungen laufen über eine New Yorker Bank - wo ein US-Richter sie mit seinem Urteil blockiert hat. „Das ist ein richterliches Vorgehen ohnegleichen in der Geschichte“, sagte Kicillof.
Das eigentliche Problem sind dabei nicht die 1,5 Milliarden Dollar für die Hedgefonds - Argentinien hätte das Geld. Das Land fürchtet aber, dass dies zu einem Präzedenzfall werden könnte und danach weitere Investoren auf der kompletten Rückzahlung alter Schulden bestehen. Nach der tatsächlichen Staatspleite 2001 hatte sich Argentinien mit dem Großteil der Schuldner auf einen Teilerlass geeinigt - die streitenden Hedgefonds fordern jedoch seit Jahren die komplette Rückzahlung.
Nach Angaben des Kabinettchefs Jorge Capitanich könnte Argentinien den Internationalen Gerichthof in Den Haag und die Vereinten Nationen anrufen, um eine komplette Rückzahlungsforderung der Altschulden zu verhindern. Auch Wirtschaftsminister Kicillof kündigte an, die Sache wenn nötig „vor der Justiz“ zu klären.
Eine andere Lösung brachten das „Wall Street Journal“ und weitere Medien ins Spiel: Große Banken - darunter US-Branchenprimus JPMorgan Chase - würden sich darum bemühen, Argentinien beim Schuldendienst zu helfen. Wie dies genau geschehen könnte, ließ die Zeitung am Freitag offen. Sie zitierte aber einen Analysten, der meinte, es gebe „etwas Licht am Ende des Tunnels“.
Nach den Ratingagenturen S&P und Fitch stufte auch der Derivateverband ISDA die Vorgänge um Argentinien als Zahlungsausfall ein. Damit können Besitzer von argentinischen Staatsanleihen, die sich mit sogenannten Credit Default Swaps (CDS) gegen einen Ausfall versichert hatten, auf Geld hoffen.
Die dritte große Ratingagentur Moody's wollte sich dem Schritt am Freitagmorgen jedoch nicht anschließen und beließ es dabei, den Ausblick auf „negativ“ zu setzen. Die Kreditbewertung für Anleihen, die nach ausländischem Recht begeben wurden, bleibt aber auf „Caa2“, und damit mehrere Stufen über „Zahlungsausfall“.
Moody's urteilte, die zu erwartenden Verluste für Investoren seien mit hoher Wahrscheinlichkeit gering. Eine weitere Abstufung der Kreditbewertung werde erst dann erfolgen, wenn sich die wirtschaftliche und fiskalische Lage verschlechtere oder das Land seinen Schuldendienst über einen längeren Zeitraum nicht leisten könne.
Argentiniens Verhandlungen um einen Kompromiss mit den Hedgefonds waren in der Nacht auf Donnerstag gescheitert. Wirtschaftsminister Kicillof griff danach nicht nur den zuständigen New Yorker Richter Thomas Griesa an („Er hat befremdliche Entscheidungen getroffen“), sondern auch den gerichtlich bestellten Schlichter Daniel Pollack („Er war mit einigen der Aasgeier verbündet.“).