Athen steht am Scheideweg

Hart sparen oder pleitegehen — dies entscheidet sich am Mittwoch. Der Ausgang ist völlig offen, die Mehrheit ist knapp.

Athen/Brüssel. Bei Protesten gegen den Sparkurs der griechischen Regierung hat es in Athen erneut Krawalle gegeben. Polizei ging mit Tränengas gegen Vermummte vor. Tausende demonstrierten jedoch wieder friedlich gegen die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Giorgios Papandreou.

Führende Gewerkschaften starteten einen 48-stündigen Streik, um die Verabschiedung eines neuen Sparprogramms am Mittwoch im Parlament zu verhindern. Die Abstimmung ist überlebenswichtig: Verliert Papandreou, muss Athen weitere Milliardenhilfen vorerst abschreiben, und die Staatspleite droht.

Giorgios Papandreou, Ministerpräsident, in einem eindringlichen Appell an das Parlament.

Die EU-Kommission warnte eindringlich vor einer drohenden Katastrophe. „Der einzige Weg zum Abwenden einer sofortigen Pleite ist für das Parlament die Annahme des geänderten Wirtschaftsprogramms“, erklärte Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Es gehe um die Zukunft des Landes und die Finanzstabilität Europas, sagte er. „Lassen Sie mich es deutlich sagen: Es gibt keinen Plan B, um die (Staats-)Pleite abzuwenden.“ Der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy sagte vor dem Europaparlament, es gehe „sogar um die Stabilität der gesamten Weltwirtschaft“.

In Athen warfen Vermummte am Rande einer Demonstration mit Flaschen und Steinen, zündeten Mülleimer und Sonnenschirme von Cafés und einen Übertragungswagen des Fernsehens an. Meterhohe Flammen loderten. Die Polizei setzte Blendgranaten und Tränengas ein, um die Randalierer auseinander zu treiben.

Wegen des Streiks blieben Busse und Straßenbahnen in Athener Depots. Hafenarbeiter blockierten den Fährbetrieb in Piräus. Mitarbeiter von Ministerien, Staatsunternehmen und vieler Banken streikten ebenfalls. Die Fluglotsen legten zeitweise die Arbeit nieder. Ärzte behandelten in Krankenhäusern nur Notfälle.

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Georgios Papandreou will bis 2015 gut 78 Milliarden Euro einsparen. Die Maßnahme ist Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro.

Der Ausgang der Abstimmung ist nicht sicher. Die Sozialisten haben 155 der 300 Sitze im Parlament. Zwei Abgeordnete der Sozialisten hatten bereits angekündigt, nicht zustimmen zu können.

Unterdessen rückt im Tauziehen um eine Gläubigerbeteiligung an einem zweiten Hilfspaket für Griechenland eine Einigung zwischen deutschen Banken und Versicherern mit dem Finanzministerium näher. Für Donnerstag sei eine Schlussrunde auf Spitzenebene geplant, verlautete am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin.

Das von Frankreich vorgeschlagene Modell sei eine gute Basis, hieß es. Nach dem zwischen der Regierung in Paris und französischen Banken vereinbarten Plan sollen Geldgeber bei auslaufenden Anleihen einen Teil des dann fälligen Geldes wieder in neue, 30 Jahre lang laufende Schuldtitel investieren.