Atomausstieg treibt EnBW tief in rote Zahlen
Der staatliche verordnete Atomausstieg zwingt den drittgrößten deutschen Stromkonzern zu einem Strategiewechsel: Angesichts eines Verlusts von 590 Millionen Euro auch wegen der Fukushima-Folgen müssen sich die Karlsruher dringend neu aufstellen.
Karlsruhe (dpa) - Der Atomausstieg hat den Stromversorger EnBW im ersten Halbjahr tief in die roten Zahlen getrieben. Der Vorstand erwartet auch wegen Wertberichtigungen auf Unternehmensbeteiligungen unter dem Strich einen Verlust von 590 Millionen Euro, wie der drittgrößte deutsche Stromversorger am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte. Im Vorjahreszeitraum hatten die Baden-Württemberger noch einen Gewinn von 899 Millionen Euro erzielt.
Zu EnBW gehören die Kernkraftwerke Neckarwestheim I und II sowie Philippsburg I und II. Die beiden älteren Blöcke wurden im Zuge des von der Regierung verhängten Atommoratoriums stillgelegt.
Negativ zu Buche schlagen laut EnBW höhere Rückstellungen wegen des früheren Rückbaus der Atommeiler. Auch müssten die im Reaktor befindlichen Kernbrennelemente abgeschrieben werden. Vor Zinsen und Steuern werde es deshalb im ersten Halbjahr voraussichtlich einen Verlust von 600 Millionen Euro geben.
Zudem belasten den Konzern Wertberichtigungen aus Beteiligungen an dem niedersächsischen Partner EWE in Höhe von 370 Millionen Euro und dem österreichischen Stromunternehmen EVN in Höhe von 245 Millionen Euro. Die EVN-Beteiligung soll verkauft werden.
Das um die Einmaleffekte bereinigte EBIT liege bei rund 875 Millionen Euro - und damit „erwartungsgemäß“ rund 24 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der Halbjahresbericht des Konzerns mit weiteren Zahlen wird am Freitag nächster Woche (29. Juli) veröffentlicht.
Die atomlastige EnBW feilt wegen der Energiewende schon länger an einem Strategiewechsel. Zu ihren Gas-Plänen hüllte sie sich am Donnerstag aber weiter in Schweigen. Die Karlsruher wollen offenbar mit dem russischen Gasproduzenten Novatek kooperieren. Nach Informationen aus unternehmensnahen Kreisen steht der Konzern möglicherweise schon kurz vor dem Abschluss des Geschäfts. EnBW soll den Russen eine Beteiligung am Leipziger Gasgroßhändler Verbundnetz Gas (VNG) angeboten haben. Bis zu einem Viertel des 48-Prozent-Pakets wolle die EnBW an Novatek weiterreichen - und im Gegenzug günstig Gas beziehen.