Aufschwung trotz politischer Risiken
Die Forschungsinstitute rügen die Regierung vor allem wegen des Mindestlohns und der Rente mit 63.
Berlin. Die Wirtschaft in Deutschland kommt immer mehr in Schwung — eigentlich kann nur die Bundesregierung noch der Konjunktur schaden. Das ist das Fazit des aktuellen Frühjahrgutachtens der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.
Die Wirtschaft befinde sich „im Aufschwung“, sagen die Experten. Für das laufende Jahr beziffern sie das Plus beim Bruttoinlandsprodukt auf 1,9 Prozent. 2013 waren es nur 0,4 Prozent. Im kommenden Jahr gehen die Forscher von einem Wachstum in Höhe von zwei Prozent aus. Das wäre der stärkste Anstieg seit vier Jahren. Die Prognose-Daten sind Grundlage für die Haushaltsaufstellung bei Bund, Ländern und Kommunen.
Ein Konjunkturrisiko sehen die Wirtschaftsforscher im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. „Sanktionsmaßnahmen beim grenzüberschreitenden Waren- und Kapitalverkehr und insbesondere eine Beschränkung russischer Öl- und Gasexporte würden sowohl Russland als auch Deutschland empfindlich treffen“, schreiben die Experten.
Deutlich weniger dramatisch als noch vor einem Jahr, als in ihrem Gutachten von „beträchtlichen“ Abwärtsrisiken die Rede war. Nun konstatieren sie eine „zögerliche Erholung“. 2013 war die Wirtschaft im gesamten Euroraum noch um 0,4 Prozent geschrumpft. Für das laufende Jahr erwarten die Experten einen Zuwachs von 1,1 Prozent.
„Gegenwind für die deutsche Konjunktur kommt von der Wirtschaftspolitik“, so das Gutachten. Den Mindestlohn von 8,50 Euro und die abschlagsfreie Rente mit 63 halten die Forscher für ökonomisch verfehlt. Die Mehrheit der Fachleute rechnet für 2015 mit einem Verlust von 200 000 Arbeitsplätzen.
Seit dem Jahr 2009 ist die Arbeitslosigkeit kontinuierlich gesunken. Diese Entwicklung setze sich 2014 fort. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Arbeitslosenzahl um 85 000 unter dem Vorjahresstand liegen. Für 2015 sagen die Experten einen Anstieg um 18 000 voraus. Trotz Mindestlohns wird die Zahl der Erwerbstätigen um etwa 85 000 ansteigen. Damit wären knapp 42,2 Millionen Menschen in Lohn und Brot — ein Rekord.
Die Wirtschaftsforscher bekräftigen ihren Vorwurf, dass die Bundesregierung bei der Planung eines ausgeglichenen Etats das Gebot der Nachhaltigkeit missachte.