Autokonzerne umwerben Wachstumsmarkt China
Schanghai (dpa) - Mit Weltpremieren, neuen Modellen und Milliardeninvestitionen liefern sich die großen Autokonzerne ein Wettrennen auf dem größten Wachstumsmarkt in China. Trotz bereits voller Auslastung will Marktführer Volkswagen in diesem Jahr noch schneller als der Gesamtmarkt zulegen.
VW präsentierte am Montag in Schanghai den neuen Beetle. Auch Daimler will angreifen - mit der neuen A-Klasse. Die Spitzen der Automobilwirtschaft betonten vor der Automesse, die am Mittwoch eröffnet wird, die enorme Bedeutung des chinesischen Marktes. China sei das „Gravitationszentrum des Wachstums“, sagte VW-Chef Martin Winterkorn bei der Präsentation des „Beetle des 21. Jahrhunderts“, der am Montag auch in Berlin und New York vorgestellt wurde.
Auch der Stuttgarter Autobauer Daimler, der im ersten Quartal in China einen Zuwachs von 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verbuchte, setzt voll auf China. „Es gibt keinen besseren Ort, um über die Zukunft des Automobils und die Zukunft von Mercedes zu sprechen wie Shanghai“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Präsentation des Konzeptautos für die neue A-Klasse. Der vorgestellte Kompaktwagen liege schon „sehr nah am Endprodukt“: „A wie Angriff.“ Ein oder zwei Modelle des sportlichen Wagens, der ab Jahresende gebaut wird und auf jüngere Kunden zielt, könnten auch in China hergestellt werden.
Mit dem neuen Beetle will Volkswagen das Erbe des Käfers fortschreiben. „Der Käfer steht wie kein anderes Auto für das, was Volkswagen für das Auto getan hat“, sagte Winterkorn und sprach von einem „Sympathieträger“. Der Start in Schanghai sei symbolisch, „weil China heute zu Volkswagen gehört genau wie der Beetle“.
Trotz bereits voller Auslastung will der Marktführer in China in diesem Jahr schneller als der Gesamtmarkt zulegen. Der Absatz soll um acht bis zwölf Prozent gesteigert werden, was „eher konservativ“ geschätzt sei, sagte VW-China-Chef Karl-Thomas Neumann.
Nach dem rasanten Autoabsatz im Vorjahr in China, das von der Weltwirtschaftskrise kaum betroffen war, soll sich der Markt gleichwohl etwas abkühlen. VW-Chef Winterkorn rechnet aber weiter mit einem „auch in Zukunft nachhaltigen Wachstum“. Ein Zuwachs für Volkswagen von 35 Prozent wie im vergangenen Jahr sei auch nicht mehr lange durchzuhalten, sagte Neumann. „Dann könnten wir den Marktanteil nicht mehr halten, weil wir keine Fabriken mehr haben.“ Um Kapazitäten auszubauen, plant VW in China bis 2015 Investitionen in Höhe von 10,6 Milliarden Euro.
„Wir fahren heute mit einer Auslastung von 135 Prozent“, sagte Neumann. „Jedes Auto, das wir bauen, können wir verkaufen. Wenn wir mehr bauen, könnten wir auch mehr verkaufen.“ Auch Deutschland profitiere von dem Boom in China. „Es ist nicht so, dass China in Deutschland Jobs bedroht.“ 2010 habe Volkswagen 140 000 Motoren, 400 000 Getriebe und 77 000 Autos nach China exportiert. Fast jeder zweite der 7000 in Dresden gefertigten Phaeton sei nach China verkauft worden. Auch werden die Milliardeninvestitionen in China aus dem Geschäft vor Ort getätigt. Im vergangenen Jahr seien zudem rund eine Milliarde Euro als Dividende nach Wolfsburg geflossen.
Im ersten Quartal stieg der Absatz der Volkswagengruppe in China immer noch um 19,9 Prozent auf 548 411 Autos, während der Gesamtmarkt um 15 Prozent zulegte. VW präsentierte zudem den für China entwickelten „New Passat“. Auch wird in Shanghai die Marke Seat in China eingeführt. Mit dem Verkauf der Autos wird 2012 begonnen. Die spanische Marke gehört zu den Sorgenkindern des VW-Konzerns.
Auf der Messe stellen die Wolfsburger erstmals auch einen Elektroroller vor, da sich der Markt für batteriebetriebene Fahrräder und Scooter in China „explosionsartig entwickelt“ hat, wie Neumann sagte. Mehr als 100 Millionen elektrische Zweiräder rollen schon über Chinas Straßen.
„China wird der Leitmarkt für E-Mobilität“, sagte Winterkorn. Die Regierung will die Elektroautos massiv fördern und dafür nach offiziell unbestätigten Berichten voraussichtlich 100 Milliarden Yuan (heute mehr als zehn Milliarden Euro) bereitstellen. Schon 2015 sollen eine Million Elektroautos auf den Straßen rollen. Volkswagen beginnt 2013 in den beiden Gemeinschaftsunternehmen in Shanghai und Changchun mit der Serienfertigung von je einem Elektroauto.