Bahn überprüft Preisstruktur: Aufregung um Bahncard

Berlin (dpa) - Angesichts sinkender Fahrgastzahlen im Fernverkehr überprüft die Deutsche Bahn ihr Preis- und Rabattsystem, will die Bahncard aber nicht abschaffen. Die Bahncards 25 und 50 werde es „weiter in bisheriger Form geben“, sagte Bahn-Vorstandsmitglied Ulrich Homburg.

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Möglich aber seien ergänzende Rabattangebote. Zuvor waren Teile einer Vorstandsvorlage für den Aufsichtsrat bekanntgeworden. Der Hessische Rundfunk berichtete, die Bahn wolle sich in der Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch die Abschaffung der Rabattkarte genehmigen lassen. Die Bahn dementierte umgehend.

Vorstandschef Rüdiger Grube nannte es „völligen Quatsch“, dass das Unternehmen die Bahncard abschaffen wolle. Vielmehr sei die Bahn in der Pflicht, angesichts des härter werdenden Wettbewerbs durch die Fernbusse über die Preisstruktur zu diskutieren. Beschlüsse im Aufsichtsrat stünden nicht an. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, die Bahncard stehe nicht zur Disposition. „Sie ist beliebt, hat sich bewährt und wird Bestand haben“, sagte der Minister für den Bund als Eigentümer des Konzerns.

Homburg verwies darauf, dass in diesem Jahr erstmals die Marke von fünf Millionen Bahncard-Kunden überschritten worden sei. Die wolle man keinesfalls verlieren. Aber nicht alle Kunden fänden das System attraktiv. Bei der Bahncard müssen sie in Vorleistung gehen und vor der ersten Fahrt eine größere Summe für das Recht auf Rabatt bezahlen. Deshalb denke man darüber nach, ergänzende Rabattangebote zu machen. Die Bahncard 25 gewährt 25 Prozent Ermäßigung und kostet für die 2. Klasse 62 Euro pro Jahr. Mit der Bahncard 50 gibt es das Standardticket zum halben Preis. Sie kostet 255 Euro.

Im ersten Halbjahr 2014 war der Fernverkehr der Bahn um 2,8 Prozent zurückgegangen. Der Umsatz der Sparte verringerte sich um 1,6 Prozent auf 1,98 Milliarden Euro, der Betriebsgewinn sank im Vergleich von 167 Millionen in der Vorjahresperiode um ein Viertel auf 123 Millionen Euro. Zuletzt haben sinkende Spritpreise das Autofahren zuletzt wieder attraktiver gemacht. Die Bahn hat auch Fahrgäste an die Fernbusse verloren. Deren Unternehmen locken mit günstigen Ticketpreisen.

In dem 33-seitigen Zwischenbericht werden nach dpa-Informationen stichwortartig und auf Schaubilder verschiedene Szenarien für Änderungen an der Preisstruktur und am Zugangebot dargestellt. Der Bahn-Vorstand habe demnach den Auftrag, bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung im März 2015 einen Abschlussbericht mit konkreten Vorschlägen zu erarbeiten.

Laut HR-Info steht in dem Bericht, dass die Bahncard zum „Kundenkonto“ werden könnte, das Rabatte nur noch für Großkunden und Vielfahrer und gemäß der Auslastung eines Zugs einräumt. Homburg sagte, solche Rabatte würden, wenn man sich dafür entscheide, zusätzlich eingeführt.

Der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates der Bahntochter DB Fernverkehr, Reiner Bieck, sagte der Zeitung „Die Welt“, der Bahn-Vorstand habe den Auftrag, Pläne zur Rückgewinnung von Fahrgästen vorzulegen. Dazu gehörten auch Änderungen und Verbesserungen des Preis- und Rabattprogramms. Der Verkehrsclub VCD erklärte, eine Abschaffung der Bahncard wäre „unvorstellbar“. Die Bahn müsse stattdessen eine klare Strategie zum Ausbau des Bahnverkehrs vorlegen, der nicht nur die Metropolregionen verbinde.

An die Fernbusbranche könnte die Bahn in diesem Jahr nach früheren Angaben bis zu 120 Millionen Euro Umsatz verlieren. Dem Bericht zufolge wird der Umsatzverlust durch die Konkurrenz mittelfristig auf 240 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Insgesamt hatte die Bahn ihren Konzernumsatz im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2013 um 1,9 Prozent auf 19,7 Milliarden Euro gesteigert.

Im September hatte die Bahn angekündigt, am Jahresende nur leicht an der Preisschraube zu drehen. In Fernzügen gibt es für die zweite Klasse keine Erhöhung. Fahrscheine für die erste Klasse werden ab 14. Dezember durchschnittlich 2,9 Prozent teurer, sind dann aber inklusive Platzreservierung und im ICE auch mit WLAN-Nutzung. Die Bahn hatte damals auf die Konkurrenz durch Fernbusse verwiesen, aber auch durch Carsharing und Mitfahrzentralen.

In den Jahren 2002 und 2003 hatte ein neues Preissystem der Bahn mit Änderungen an der BahnCard heftige Proteste ausgelöst. Die Bahn wollte damals Frühbucher mit Preisnachlässen belohnen. Auf die BahnCard sollte nur noch 25 statt 50 Prozent Rabatt gewährt werden. Nach Querelen um das neue Preissystem führte die Bahn im Sommer 2003 die alte Bahncard mit der 50-Prozent-Rabattkarte wieder ein.