Barmenia-Chef Josef Beutelmann: „Wir haben das beste System weltweit“
Josef Beutelmann, Vorstandschef der Barmenia, wehrt sich gegen Angriffe auf die private Krankenversicherung.
Düsseldorf/Wuppertal. In jüngster Zeit häuften sich die Äußerungen insbesondere von Vertretern der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die der Privaten Krankenversicherung (PKV) angesichts steigender Beiträge keine große Zukunft mehr voraussagen. Wir sprachen mit Josef Beutelmann, Vorstandschef der privaten Wuppertaler Barmenia-Versicherungen.
Herr Beutelmann, wie fühlt man sich als Chef eines Unternehmens, dessen wichtigstes Standbein die private Krankenversicherung ist?
Beutelmann: Wir fühlen uns nicht am Ende. Im Gegenteil: Wir sind in einer Aufwärtsentwicklung. Das letzte Jahr war wirtschaftlich das erfolgreichste in unserer Unternehmensgeschichte. Wir hatten einen Zuwachs bei den Vollversicherungen und gehen auch davon aus, dass der Trend sich 2012 fortsetzt. Die Diskussion um das vermeintliche Ende der PKV ist für mich nicht nachvollziehbar.
Aber kehren nicht viele Mitglieder der PKV den Rücken?
Beutelmann: Es ist genau umgekehrt. Es wechseln mehr von der GKV in die PKV als umgekehrt.
Ist es gerechtfertigt, zwei Systeme nebeneinander zu haben — die GKV und die PKV?
Beutelmann: Für die Versicherten ist diese Dualität das Beste. Ich möchte sogar behaupten, wir haben das beste System weltweit. Durch diesen Wettbewerb ist es möglich, medizinisch das Beste anzubieten. Die Versicherten fühlen sich in beiden Bereichen rundum gut betreut, wobei es naheliegend ist, dass dies für die etwa elf Prozent privat Versicherten noch etwas mehr gilt. Aber von unseren Leistungen profitieren auch gesetzlich Versicherte, weil wir beispielsweise medizinische Geräte in Praxen oder Kliniken mit finanzieren.
Welche Beitragssteigerungen gab es bei der Barmenia?
Beutelmann: Im letzten Jahr waren es durchschnittlich 4,3 Prozent. In diesem Jahr werden wir voraussichtlich bei vielen Vollversicherungen keine Anpassung haben.
Ist die Kritik an branchenweiten Beitragserhöhungen gerechtfertigt?
Beutelmann: In der GKV gibt es auch Beitragserhöhungen, nur werden sie da kaum thematisiert. So wurde der Beitragssatz Anfang 2011 auf 15,5 Prozent erhöht. Allein das war schon ein Anstieg um vier Prozent. Auch wenn die Beitragsbemessungsgrenze erhöht wird, bedeutet das wieder eine Steigerung. Man darf nicht vergessen, dass bei jeder Gehaltserhöhung, bei jedem Tarifabschluss die GKV automatisch durch Mehreinnahmen profitiert. Darüber redet kein Mensch. Wir als PKV fordern unsere Beitragserhöhungen hingegen selbst ein. Und das wird dann zum großen Thema.
Was raten Sie Versicherten bei steigenden Beiträgen im Alter?
Beutelmann: Es besteht immer die Möglichkeit, in den Standardtarif oder Basistarif umzustellen. In die GKV zu wechseln, wäre töricht, denn dadurch würden sie ja ihre Altersrückstellungen verlieren, die ja auf den Standardtarif angerechnet werden. Und der liegt in den Leistungen noch etwas über GKV-Niveau.
Warum können Altersrückstellungen nicht mitgenommen werden, weder beim Wechsel in die GKV noch beim Wechsel zu einem anderen privaten Versicherer?
Beutelmann: In neueren Tarifen wird das bei einem Wechsel zu einem anderen privaten Versicherer in Höhe eines Übertragungswertes gemacht. In den Altverträgen geht das nicht, weil die Verträge so kalkuliert sind, dass solche Rückstellungen den anderen Versicherten zugute kommen. Ich möchte auch auf etwas hinweisen, was in der Debatte um steigende Beiträge nirgendwo erwähnt wird. Die Ersparnis, die jemand hat, der Jahrzehnte in der PKV war. Ein Beispiel: Wären Sie seit 1984 bei uns versichert, so hätten Sie — im Vergleich zu einer Versicherung in der GKV mit Höchstbeitrag — rund 38 000 Euro gespart.
Derzeit liegt die Grenze für die Versicherungspflicht in der GKV für Beschäftigte bei einem Monatseinkommen von bis zu 4237,50 Euro. Wer darüber liegt, darf in die PKV wechseln. Würden Sie sich eine Absenkung und damit einen leichteren Wechsel wünschen?
Beutelmann: Wenn Sie mich so fragen, natürlich ja. Ich könnte mir eine Absenkung der Versicherungspflichtgrenze auf 2500 Euro vorstellen. Dabei müsste man aber die Auswirkungen auf das GKV-System bedenken. Die Einnahmen wären geringer, was unter Umständen zu Beitragserhöhungen führen könnte. Sinnvoller erscheint mir deshalb ein gleitender Übergang. Beispielsweise könnte man in einem ersten Schritt Berufsanfängern ein Wahlrecht geben. Letztendlich geht es mir aber um den Erhalt der Dualität der Systeme, sie stellt für alle Beteiligten — insbesondere die Versicherten — eine bestmögliche Versorgung dar.