Bei Karstadt beginnt das Tauziehen um Arbeitsplätze
In dieser Woche starten die Gespräche über den Sanierungskurs mit Stellenabbau und Filialschließungen.
Essen. Stellenabbau, Filialschließungen und drohende massive finanzielle Einschnitte: Für die Beschäftigten des kriselnden Warenhauskonzerns Karstadt kommt es derzeit knüppeldick. Besonders die quälende Ungewissheit, wie sich das Unternehmen unter dem neuen Eigentümer René Benko aufstellen wird und was von dem Warenhauskonzern übrig bleibt, wird zur Geduldsprobe.
Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand rügt, dass die Karstadt-Führung nur scheibchenweise mit schlechten Nachrichten herausrücke und die Belegschaft mürbe machen wolle. Am Mittwoch starten Verhandlungen zwischen Belegschaftsvertretern und Konzernspitze über das Kürzungsprogramm.
Was auf die Mitarbeiter zukommen könnte, das machten Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss unlängst in einem Rundbrief an alle Beschäftigten deutlich: Danach plant das Management den Abbau von fast 2000 Vollzeitstellen, unter anderem in der Zentrale und in der Online-Sparte.
Berücksichtigt man die Teilzeitquote, wären 3000 Menschen betroffen. „Dies ist kein Sanierungsprogramm, sondern ein Kahlschlag“, schimpfen die Betriebsräte und sprechen von einem „Paket der Grausamkeiten“. Karstadt hat derzeit rund 17 000 Beschäftigte.
Doch damit nicht genug: Der neue Konzernchef Stephan Fanderl will darüber hinaus alle Häuser auf den Prüfstand stellen. Ob sich damit bereits ein neues Schließungsszenario andeutet, muss abgewartet werden. Gefährdet sind am ehesten die defizitären Häuser. Ihnen will Fanderl nur noch bis Mitte 2015 Zeit für eine Trendwende geben — viel zu kurz, sagen Kritiker.
Es entstehe der Eindruck, dass es Immobilieninvestor Benko an manchen Standorten in Wirklichkeit gar nicht um eine Rettung der Filialen, sondern um die Verwertung der Immobilien gehe, heißt es bei Gewerkschaftern.
Gefährdete Standorte werden offiziell nicht genannt, aber die Spekulationen kochen hoch. Filialen in mittelgroßen Städten wie Mönchengladbach, Bottrop oder Iserlohn sollen zu kämpfen haben, aber auch Standorte in Metropolen wie Düsseldorf oder München. Viele Betriebsräte und die Gewerkschaft sind zum Widerstand entschlossen.
Und der regt sich auch deshalb, weil den ohnehin gebeutelten Mitarbeitern erneut tief in die Taschen gegriffen werden soll: Streichung des Urlaubsgelds und der tariflichen Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) ab 2015, Erhöhung der Arbeitszeiten und eine Verlängerung der Tarifpause. Hierüber werden Arbeitgeber und Gewerkschaft in der kommenden Woche in einer weiteren Tarifrunde verhandeln.
Hennig Lotter, Mitglied des Gesamtbetriebsrates, ist sich sicher: „Was das Management plant, ist nicht das Endergebnis“. Er fordert vor allem eine stärkere Einbindung der Beschäftigten in den nun anstehenden Prozess der Neuordnung.