„Berggruen bricht sein Wort“
Gewerkschaft reagiert empört auf den Teilverkauf der Karstadt-Filialen. Experten sehen darin „letzte Chance“.
Berlin. Der überraschende Teilverkauf des Warenhauskonzerns Karstadt an die österreichische Signa-Gruppe sorgt für Alarmstimmung bei den Beschäftigten. „Diese Übertragung bedeutet faktisch die Zerschlagung des Unternehmens“, sagte der Karstadt-Aufsichtsrat und Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, Arno Peukes. Investor Nicolas Berggruen habe sein Wort gebrochen, Karstadt als Ganzes zu erhalten. Handelsexperten begrüßten den Schritt.
Peukes kritisierte, bisher fehle noch jede Transparenz, was die neuen Pläne für das Unternehmen und die Mitarbeiter bedeute und ob dadurch Arbeitsplätze in Gefahr seien. Ziel Verdis sei es deshalb nun, bei den anstehenden Tarifgesprächen einen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag durchzusetzen. Die Angestellten bei Karstadt lebten jetzt seit zehn Jahren in Unsicherheit, klagte Peukes. „Das Wesentliche ist jetzt, dass die klare Botschaft kommt: Eure Arbeitsplätze bleiben erhalten“, verlangte er. Peukes ist — obwohl Mitglied des Karstadt-Aufsichtsrats — von der Entscheidung überrascht worden. Er habe davon erst in einer Telefonkonferenz erfahren, fast zeitgleich mit der Presse und den Karstadt-Beschäftigten.
Bei Handelsexperten stieß der überraschende Coup Berggruens dagegen auf Zustimmung. Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sagte, er sehe in dem Teilverkauf der Luxuskaufhäuser und der Sporthäuser sogar die „letzte Chance für Karstadt“. Die nun angekündigten Investitionen in Höhe von 300 Millionen Euro halte er für „das Minimum, was man braucht, um die Warenhäuser wieder auf die Spur zu bringen“. Allerdings sei ungewiss, ob der Betrag wirklich ausreiche.
Auch der Handelsexperte Manfred Hunkemöller vom Kölner Institut für Handelsforschung sprach von einer „sinnvollen Maßnahme“, wenn das Geld in die verbleibenden Karstadt-Häuser investiert werde. Jörg Funder von der Fachhochschule Worms sprach von einem „schlauen Deal“. Die Warenhäuser könnten sich so neu ausrichten.
Karstadt-Eigentümer Berggruen hatte am Montag überraschend mitgeteilt, dass er die Mehrheit an zwei Filetstücken des Essener Konzerns an die Signa-Gruppe des österreichischen Immobilieninvestors René Benko verkaufen wolle. Doch noch müssen die Wettbewerbshüter zustimmen.