Betrugsprozess gegen S&K-Chefs nach Stolperstart vertagt
Frankfurt/Main (dpa) - Der Prozess gegen die mutmaßlichen Anlagebetrüger rund um die Frankfurter Immobilienfirma S&K kommt nicht in Fahrt. Bereits der erste Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter bremste die 28. Strafkammer am Landgericht Frankfurt aus.
Gesprochen wurde im voll besetzten Saal zunächst nur über Formalien, bis sich das Gericht nach mehreren Unterbrechungen auf den kommenden Dienstag (29.9.) vertagte. Der Anklagesatz mit mehr als 1700 Seiten wurde noch nicht verlesen.
Das Verfahren ist einer der größten Wirtschaftsprozesse in der deutschen Justizgeschichte. Angeklagt sind die beiden S&K-Firmengründer Stephan S. (36) und Jonas K. (34) sowie vier weitere Männer wegen schweren gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie ebensolcher Untreue. Die Männer sollen mehrere tausend Anleger mit einem verschachtelten Firmen- und Beteiligungssystem um ihr Geld gebracht haben. Den Gesamtschaden beziffern die Ermittler auf mehr als 240 Millionen Euro. Den Angeklagten drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Die entscheidende bundesweite Razzia gegen die mutmaßlichen Betrüger gab es zu Jahresbeginn 2013. Die Ermittler stellten damals Vermögen im Wert von rund 55 Millionen Euro sicher: Sportwagen, teure Uhren, Immobilien und Goldbarren. Die Beschuldigten sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Für Schlagzeilen sorgten Berichte über ihren protzigen Lebensstil.
Dieser bot auch den Anlass für den Befangenheitsantrag. Er kam vom Anwalt einer Ex-Freundin von S., die unter anderem einen geschenkten Sportwagen und eine Nobel-Uhr wieder herausgeben soll. Das Landgericht hatte nach Ansicht des Juristen bei diesem Detail in seinem Eröffnungsbeschluss einen um rund 22 000 Euro höheren Betrag angesetzt als von der Staatsanwaltschaft festgesetzt. Dies lasse auf unzulängliche Aktenkenntnis schließen. Das Gericht will bis Dienstag über den Antrag entscheiden.
Insgesamt wurden laut Staatsanwaltschaft rund 11 000 Direktanleger geschädigt sowie tausende weiterer Investoren, die über Fonds bei S&K investiert hatten. Teilweise wohl auch ohne eigenen Willen, denn die mutmaßlichen Betrüger sollen auch fremde Fondsgesellschaften aufgekauft und deren Mittel in die eigenen Kanäle umgeleitet haben. Rund 1300 Opfer lösten ihre Lebensversicherungen auf, um bei S&K einsteigen zu können.
Der Angeklagte Stephan S. hatte vor eineinhalb Jahren einen Fluchtversuch unternommen und wurde am Donnerstag mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Das Blitzlichtgewitter bei der Abnahme der Fußfesseln im Gerichtssaal kritisierte sein Verteidiger Ulrich Endres: „Das widerspricht der Menschenwürde! Das ist doch kein Tanzbär, sondern ein Mensch!“
Man werde beweisen, dass die Angeklagten weder Betrug noch Untreue begangen hätten, sagte der Rechtsanwalt nach dem ersten Verhandlungstag. Ein etwas holpriger Start sei bei einem derartigen Großverfahren normal. Die Anklage werde seiner Einschätzung nach in sechs bis acht Wochen verlesen sein. „Wir alle gehen davon aus, dass das Verfahren drei Jahre dauert.“