BGH sucht Kompromiss bei Gaspreiserhöhungen

Karlsruhe (dpa) - In der Auseinandersetzung um eine unwirksame Gaspreisanpassungsklausel sucht der Bundesgerichtshof (BGH) nach einem Kompromiss. Die Regelung müsse sowohl den Kunden als auch den Gasversorgern gerecht werden.

Das sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Ball am Mittwoch in Karlsruhe. Verhandelt wurden zwei Verfahren zur Rückzahlung von Geldern im Zuge von Gaspreiserhöhungen. Sie waren angestoßen worden, nachdem der BGH im Jahr 2004 die in vielen Verträgen aufgenommene Preisanpassungsklausel für nichtig erklärt hatte. Das Urteil soll am 14. März 2012 verkündet werden.

Viele Gasversorger hatten seit Jahrzehnten eine Klausel verwendet, die ihnen eine stetige Anhebung der Preise zubilligte. Der BGH brachte sie vor sieben Jahren als zu einseitig zu Fall. Damit sei in den Verträgen eine Lücke entstanden, die jetzt gefüllt werden müsse, sagte Ball.

Als größtes Problem nannte er die lange Laufzeit der Verträge. So verlangt ein Kläger, dass alle Erhöhungen seit dem Abschluss des Vertrages 1981 für nichtig erklärt werden. Damit gelte für ihn weiterhin der 1981 festgeschriebene Preis von 4,2 Pfennig pro Kilowattstunde (2,15 Cent). Den Preisunterschied zu diesem Wert fordert er für die Jahre 2006 bis 2008 zurück - eine Summe von mehr als 2500 Euro. Für die Zeit vor 2006 kann er nichts mehr geltend machen, da eine dreijährige Verjährungsfrist gilt.

Diese Berechnung hält Ball für fragwürdig. Schließlich sei auch den Kunden bei Vertragsabschluss klar gewesen, dass Preiserhöhungen auf sie zukommen. Zudem könne niemand Interesse daran haben, die Gasversorger durch tausendfache Nachforderungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen. Als möglichen Ausweg nannte Ball die Festlegung eines idealtypischen Preises als Grundlage für die Berechnung von Nachforderungen. Denkbar sei auch, einen erst wenige Jahre zurückliegenden Preis für die Berechnung zu verwenden.

Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden knapp 19 Millionen Haushalte in Deutschland mit Gas versorgt. Davon haben 10 Millionen Kunden einen direkten Vertrag mit einem der 800 Anbieter. In wie vielen Verträgen die nichtige Klausel steht und wie viele Klagen anhängig sind, konnte der Verbandssprecher nicht sagen. „Aber für einzelne Versorger kann das Urteil durchaus Auswirkungen haben.“