Boeing sticht Airbus aus: Durchwachsene Messe-Bilanz

Farnborough (dpa) - Der Flugzeugbauer Airbus muss seinem Erzrivalen Boeing auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough den Vortritt lassen. Am Donnerstag verkündete der US-Konzern sogar noch einen Megaauftrag für 150 Jets der Mittelstrecken-Baureihe 737.

Käufer ist die weltgrößte Fluggesellschaft United Continental. Der Listenpreis liegt bei 14,7 Milliarden Dollar oder umgerechnet 12,1 Milliarden Euro.

Insgesamt sammelte Boeing auf der Messe Aufträge oder Vorverträge für 396 Maschinen ein, Listenwert mehr als 37 Milliarden Dollar. Airbus kam auf 115 Flugzeuge im Wert von 16,9 Milliarden US-Dollar. Beide Hersteller werden allerdings niemals das komplette Geld überwiesen bekommen - in der Branche sind satte Rabatte von teils 50 Prozent und mehr üblich, besonders bei Großaufträgen.

Bei der wichtigen Luftfahrtschau in Le Bourget bei Paris ein Jahr zuvor hatte Airbus dank seines neuen, spritsparenden Mittelstreckenfliegers A320neo noch Käufer für 730 Flugzeuge im Listenwert von 72,2 Milliarden Dollar gefunden. Damals guckte Boeing in die Röhre. Doch die Amerikaner haben aufgeholt und auch ihren Verkaufsschlager 737 unter anderem mit neuen Triebwerken auf Vordermann gebracht und vermarkten ihn nun als 737 MAX.

„Wir haben diesmal keine 700 Bestellungen erwartet“, sagte der neue Airbus-Chef Fabrice Brégier am Donnerstag vor Journalisten in Farnborough. Im Gesamtjahr rechnet er allerdings weiter mit festen Aufträgen für mindestens 600 Maschinen, davon sind nach der Messe bereits mehr als 300 erreicht. „Die Jahre 2011 und 2012 zusammengenommen, kommen wir dann auf mehr als 2000 Bestellungen“, sagte Brégier der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Von einer Krise könne daher keine Rede sein. Mit 600 Fliegern läge der Auftragseingang erneut über der Jahresproduktion von 570 Maschinen.

Auf der Messe entfiel der Großteil der Bestellungen mit 86 Flugzeugen auf die Mittelstreckenjets der A320-Familie. Im Gegensatz zum Rivalen Boeing punktete die Tochter des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS aber auch mit den größeren und teureren Langstreckenfliegern. Die Messe läuft noch bis zum 15. Juli, die Auftragsflut konzentriert sich aber auf die ersten Tage. An diesem Wochenende ist die Schau für das breite Publikum geöffnet.

Nach einer langen Flaute entschied sich mit der Fluggesellschaft Cathay Pacific wieder ein Käufer von Airbus für die Langversion des neuen Hightech-Fliegers A350. Cathay will gleich 26 Exemplare des A350-1000 genannten Modells abnehmen, dessen Erstauslieferung Airbus vor einem Jahr auf 2017 verschoben hatte. Auch das Langstreckenmodell A330 fand Interessenten. Der Flugzeugfinanzierer CIT und der Konzern Synergy Aerospace aus Kolumbien wollen zusammengerechnet 19 der Maschinen kaufen. Airbus rüstet den Jet in den kommenden Jahren auf: Mit sparsameren Triebwerken und verbesserter Aerodynamik soll er ein höheres Startgewicht vertragen und weiter fliegen können als bisher.

Für das Airbus-Flaggschiff A380 konnte Airbus nach den Negativschlagzeilen der vergangenen Monat keinen Käufer auf der Messe gewinnen. „In den vergangenen sechs Monaten haben wir uns darauf konzentriert, das Problem mit den Rissen in den Tragflächen zu lösen“, sagte Brégier. Verkaufschef Leahy will in diesem Jahr weiterhin 30 Maschinen des Typs absetzen, wie er am Donnerstag betonte. Dies werde allerdings zunehmend schwieriger.

Den Bestelleingang für die klassische A320 sieht Leahy als ein Zeichen dafür, dass der Flieger auch nach dem Start der spritsparenden „neo“ gefragt bleibt: „Ich will in diesem Jahr 300 Aufträge für die A320 einsammeln.“ Die „neo“ hat Airbus seit der Vorstellung des Modells vor gut anderthalb Jahren bereits 1454 mal verkauft. Auf der Messe fand Airbus nur noch Kunden für 29 weitere Exemplare. Über weitere Großaufträge wird aber bereits gemunkelt.

Für das herkömmliche Modell entschied sich die russische Fluggesellschaft UTair. Sie bestellte am Donnerstag 20 Mittelstreckenjets der langen Variante A321. Die Gesellschaft wird mit dem Auftrag neuer Airbus-Kunde. Laut Preisliste hat die Bestellung einen Wert von 2,1 Milliarden US-Dollar (1,7 Mrd Euro). Auf der Messe entschieden sich auch die israelische Fluglinie Arkia, Middle East Airlines aus dem Libanon sowie CALC aus China für die Mittelstreckenflieger von Airbus. Der irische Flugzeugfinanzierer Avolon orderte am Donnerstag 15 A320neo. Avolon ist ebenfalls Neukunde von Airbus.