Boeings „Dreamliner“ muss nach Pannen zur Generalinspektion
Washington/Tokio (dpa) - Die Pannenserie bei Boeings hochmodernem Langstreckenflieger 787 „Dreamliner“ hat die US-Luftfahrtbehörde auf den Plan gerufen. Die FAA kündigte am Freitag an, das Modell genau unter die Lupe zu nehmen.
Die staatlichen Experten werden dabei ein besonderes Augenmerk auf die elektrischen Systeme sowie auf die Mechanik legen, wo es in jüngster Zeit immer wieder zu Problemen kam. Nur Stunden vor der Ankündigung hatte es bei der Maschine einer japanischen Airline einen Riss im Cockpit-Fenster gegeben.
„Mit dieser Untersuchung werden wir den Problemen auf den Grund gehen, damit wir sicherstellen können, dass sich derartige Vorkommnisse nicht wiederholen“, sagte US-Verkehrsminister Ray LaHood. Gleichzeitig versicherte er auf einer Pressekonferenz in Washington, dass sich niemand Sorgen zu machen brauche, an Bord eines „Dreamliner“ zu gehen: „Die Flugzeuge sind sicher.“
Es geht bei der Untersuchung nicht nur um die Reputation von Boeing, sondern auch der Luftfahrtbehörde FAA: Der „Dreamliner“ hatte von ihr im August 2011 die Zulassung für die Produktion erhalten und war kurz danach in den Liniendienst gegangen. Seitdem gab es immer wieder Pannen, die sich in dieser Woche jedoch häuften. Am spektakulärsten war ein Feuer im elektrischen System eines am Boden stehenden Jets von Japan Airlines am Montag in Boston. Passagiere waren zu dem Zeitpunkt keine an Bord.
„Bei jedem neuen Flugzeug gibt es Probleme bei der Einführung“, sagte Boeings Verkehrsflugzeug-Chef Ray Conner. „Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass das Flugzeug unsicher ist.“ Im Gegenteil: Der „Dreamliner“ gehöre zu den bislang zuverlässigsten Typen. Die mittlerweile ausgelieferten 50 Maschinen hätten schon mehr als eine Million Passagiere sicher zum Ziel gebracht.
Doch auch am Freitag gab es weitere Pannen. Bei einer Maschine der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA) trat während eines Fluges über Japan im Cockpit-Fenster ein spinnennetzförmiger Riss auf, wie die Gesellschaft bestätigte. Wie es dazu kam, war zunächst unklar. ANA strich daraufhin den Rückflug mit dem Flugzeug, um das Fenster auszutauschen.
Bei einem anderen Flugzeug der gleichen Gesellschaft wurde nach der Landung im südlichen Miyazaki ein Ölleck am linken Triebwerk festgestellt. ANA hatte erst am Mittwoch einen Inlandsflug nach Tokio streichen müssen, weil die Computersteuerung für die Bremsen Probleme machte. Die Japaner waren Erstkunde für den „Dreamliner“. Bereits am Dienstag hatte ein „Dreamliner“ des Konkurrenten Japan Airlines am Boden Treibstoff verloren.
Der „Dreamliner“ steht unter besonderer Beobachtung, weil der Langstreckenjet in seiner Konstruktion revolutionär ist: In dem Modell werden großflächig leichte Verbundwerkstoffe verbaut, während herkömmliche Flugzeuge aus Aluminium bestehen. Das senkt das Gewicht und damit den Spritverbrauch. Zudem hat die Elektronik in großem Maße die hydraulischen Steuerungen verdrängt. Die neue Technik bereitete aber bereits in der Entwicklung Kopfzerbrechen: Der „Dreamliner“ wurde mit mehr als drei Jahren Verzögerung erstmals ausgeliefert.
Boeing hat rund 800 Bestellungen für den „Dreamliner“ in den Büchern stehen, was das Modell zu einem der erfolgreichsten macht. Um der starken Nachfrage Herr zu werden, hat der US-Hersteller die Produktion schnell hochgefahren und setzte vermehrt auf Zulieferer. Er glaube aber nicht, dass darin die Ursache für die Pannen zu suchen sei, erklärte Spartenchef Conner. Die Aktie fiel am Freitag um annähernd 3 Prozent.
Der europäische Erzrivale Airbus wird das Geschehen bei Boeing genau verfolgen. Sein Konkurrenzmodell ist der A350, der aber erst Mitte diesen Jahres seinen Erstflug absolviert. Bei dem bislang jüngsten Modell, dem doppelstöckigen A380, war es nach der Auslieferung ebenfalls zu einer Reihe von Pannen gekommen. Unter anderem gab es Haarrisse in den Tragflächen und Probleme mit den Triebwerken.