Börse: Die große Angst vor dem Absturz
Das Vertrauen deutscher Anleger in Aktien ist schwer beschädigt. Die Zahl der Investoren sinkt jedenfalls stetig.
Frankfurt. Die Börsen boomen — doch viele Privatanleger in Deutschland wollen von Aktien nichts wissen. Zu unsicher, zu spekulativ.
Nicht einmal die Tatsache, dass man fürs Alter derzeit kaum noch anders lukrativ vorsorgen kann, bringt Verbraucher zurück aufs Parkett.
Im Gegenteil: 2013 sank die Zahl derjenigen in Deutschland, die direkt oder indirekt — zum Beispiel über Fonds — Geld in Aktien investiert hatten, kräftig: 600 000 Privatanleger in Deutschland kehrten den Börsen den Rücken zu, berichtet das Deutsche Aktieninstitut (DAI).
Gerade einmal 8,9 Millionen Deutsche besaßen Ende 2013 Aktien oder Aktienfonds. Das sind nur noch 13,8 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre. „2013 ist damit insgesamt ohne Frage ein Rückschlag für die Aktienkultur“, betont DAI-Volkswirt Gerrit Fey.
Nicht einmal jeder siebte Deutsche profitiere von Aktien. Dabei habe der Leitindex Dax seit der Lehman-Pleite 2008 um weit über 50 Prozent zugelegt, seit dem Tiefstand am 6. März 2009 sogar um gut 150 Prozent.
Immer wieder versuchen Finanzprofis, die Bedenken der Anleger zu zerstreuen. Der Fondsverband BVI etwa weist mit schöner Regelmäßigkeit darauf hin, dass sich bei Aktienfonds langer Atem auszahle: Sparer, die 30 Jahre lang monatlich einzahlten, erzielten durchweg positive Renditen zwischen vier und elf Prozent pro Jahr.
Und die Volkswirte des Versicherers Allianz schicken sich mit einer aktuellen Studie an, Anlegern zu helfen, „ihre Scheu vor Aktien zu verlieren“. Allianz Global Investors rechnet darin vor, über alle 30-Jahreszeiträume seit dem Jahr 1800 hätten Aktien real, das heißt nach Abzug der Inflation, nie an Wert verloren.
Das hilft dem Einzelnen wenig, der sein Geld in das falsche Unternehmen steckt. Die Aktionärsschützer des DSW analysieren jährlich, wie viel Geld die 50 größten deutschen Kapitalvernichter verbrennen.
„Im Fünfjahresvergleich lag der durchschnittliche Kursrückgang bei 47 Prozent“, sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Zum Vergleich: Der Leitindex Dax legte in diesem Zeitraum um 99 Prozent zu, der MDax um 197 Prozent.
Die Landesbank Hessen-Thüringen stellt derweil fest: „Die ohnehin schwierige Entscheidungssituation wird im Niedrigzinsumfeld angesichts des Mangels an Rendite versprechenden Anlagealternativen noch verschärft.“
Viele Kleinanleger in Deutschland machen um Aktien ohnehin seit längerer Zeit einen großen Bogen. Nach dem Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) hält fast jeder zweite Bundesbürger (46 Prozent) Wertpapiere für „spekulativ“, jeder Dritte (32 Prozent) für „komplex“.