Brüssel: Das EU-Energiespar-Diktat

Brüssel will Verbraucher und Staat in die Pflicht nehmen. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen.

Brüssel. Die EU will Verbraucher zum Energiesparen zwingen — und die Stromkonzerne sollen die Kunden dazu bringen. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission sollen Versorger künftig die Bürger mit Zuschüssen und Know-how zum Einbau von Doppelglasfenstern, besseren Heizungen oder Dachisolierung bewegen.

Das könnte jedes Jahr 1,5 Prozent Strom und Gas einsparen, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger bei der Präsentation seiner Verordnung zur Energieeffizienz: „Die billigste Energie ist die, die man nicht verbraucht.“

Günther Oettinger will den Druck auf Verbraucher, Unternehmen und Regierungen erhöhen. Energieversorger sollen jährlich 1,5 Prozent weniger Gas, Strom und Heizöl absetzen. Intelligente Zähler, monatliche Abrechnungen und Zuschüsse sollen die Kunden zum Einsparen bewegen. Die öffentliche Hand soll drei Prozent der Gebäude wie Schulen, Kindergärten und Kliniken mit neuen Fenstern oder gedämmten Wänden sanieren.

Den Herstellern will Oettinger die Entwicklung sparsamer Geräte vorschreiben — so hat Brüssel die energiefressende Glühbirne bereits 2009 verboten. Bis 2014 soll die neue Richtlinie überall in der EU gelten.

Die EU nennt Großbritannien, Italien, Dänemark und Frankreich als Vorbilder. So werden Versorger wie British Gas, Eon und EDF Energy in Großbritannien zu Sparmaßnahmen verpflichtet.

„Gut gedämmte Gebäude und stromsparende Geräte entlasten die Verbraucher“, sagt Verbraucherschützer Holger Krawinkel. Der Kunde spart Geld. Kritiker sehen aber Nachteile. Von einem „Überwachungsstaat“ und „gläsernem Kunden“ spricht der Europa-Abgeordnete Herbert Reul (CDU). Das „zentralistische Bürokratiemonster“ EU werde die Europa-Müdigkeit der Bürger verstärken.

Intelligente Stromzähler, die den Verbrauch drosseln, kosten 50 bis 100 Euro. Die private Gebäudesanierung ist ebenfalls teuer. Die EU meint, dass die Vorschläge den Bürger keinen Cent kosten werden: „Die Investitionen werden im Lauf der Zeit durch die Einsparungen bei der Rechnung hereingeholt.“ Das gelte auch für die öffentliche Hand. In Deutschland könnten Versorger zum Ausgleich für den Absatzrückgang jedoch höhere Strompreise verlangen.

Nein, sagen Kommunen und Industrie. Auch eine Analyse des Wirtschaftsministeriums rechnet vor: Die Sanierungsvorgaben für öffentliche Gebäude würden Deutschland, wo 190 000 Bauten betroffen wären, 40 Milliarden Euro kosten. Den größten Teil müssten die klammen Kommunen stemmen.

Angesichts der harten Kritik und der Blockadehaltung aus Deutschland dürfte Oettingers Vorschlag noch überarbeitet werden.