In den Niederlanden Brüssel geht gegen Steuerdeals für Ikea vor
Brüssel (dpa) - Amazon, Apple - und jetzt Ikea: Die EU-Wettbewerbshüter nehmen mögliche unerlaubte Steuervorteile für den schwedischen Möbelkonzern in den Niederlanden ins Visier.
Es werde eine eingehende Prüfung wegen fragwürdiger Steuerregelungen eingeleitet, teilte die EU-Kommission am Montag. Dies komme aber noch keiner Vorverurteilung gleich, hieß es. Ikea wies die Vorwürfe zurück. Die Niederlande wollen nach Regierungsangaben an der EU-Untersuchung mitwirken.
Der Brüsseler Behörde zufolge ist das Geschäft von Ikea als Franchisemodell organisiert. Das bedeutet, dass die nun im Fokus stehende Inter Ikea Gruppe nicht Eigentümer der einzelnen Ikea-Geschäfte ist. Stattdessen zahlen Ikea-Shops weltweit eine Franchisegebühr in Höhe von drei Prozent des Umsatzes an eine in den Niederlanden ansässige Tochterfirma mit dem Namen Inter Ikea Systems. Im Gegenzug dürfen die Shops die Ikea-Marke und entsprechendes Know-How nutzen.
Die Wettbewerbshüter haben nun Bedenken, dass diese Firma in den Niederlanden von unzulässigen Steuervorteilen profitiert habe. Dadurch seien die steuerpflichtigen Gewinne erheblich gesenkt und andere Wettbewerber benachteiligt worden.
„Alle Unternehmen, ob nun groß oder klein, multinational oder nicht, sollten ihren gerechten Steueranteil zahlen“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. „Es geht nicht, dass Mitgliedstaaten es bestimmten Unternehmen gestatten, weniger Steuern zu zahlen, indem sie ihre Gewinne künstlich woanders hin verlagern dürfen. Wir werden die steuerliche Behandlung von Inter Ikea in den Niederlanden nun sorgfältig prüfen.“
Konkret stoßen sich die Wettbewerbshüter unter anderem an einer Regelung aus dem Jahre 2006. Demnach gaben die Behörden ihr Einverständnis, dass ein großer Teil der erhaltenen Franchisegebühren von der niederländischen Tochterfirma an ein anderes Unternehmen der Inter Ikea Gruppe - die I.I. Holding mit Sitz in Luxemburg - abgeführt wurde. Dort wurden die Gewinne nicht versteuert, da I.I. Holding wiederum von einer mittlerweile nicht mehr gültigen Steuerregelung aus dem Jahre 1929 in Luxemburg profitierte.
Ikea wies die Vorwürfe zurück. „Die Art und Weise, wie wir von den nationalen Behörden besteuert wurden, steht unseres Erachtens im Einklang mit den EU-Vorschriften“, teilte das Unternehmen mit. Die Ikea-Gruppe und auch die in den Niederlanden ansässige Tochterfirma Inter Ikea Systems hielten sich überall, wo sie aktiv seien, an die geltenden Steuergesetze und Vorschriften. Die Untersuchung sei Sache der EU-Kommission und der Niederlande. Ikea werde kooperieren und alle Fragen der Behörden beantworten.
Der niederländische Finanzstaatssekretär Menno Snel betonte nach Angaben der Nachrichtenagentur ANP in Den Haag, die Einleitung einer offiziellen Untersuchung bedeute noch nicht, dass es tatsächlich unzulässige staatliche Beihilfen gegeben habe. Er werde eine unabhängige Kommission mit einer Untersuchung beauftragen. Für eine Bevorteilung einzelner Unternehmen dürfe es keinen Spielraum geben.
EU-Kommissarin Vestager hat seit einiger Zeit Abmachungen zwischen multinationalen Konzernen und einzelnen EU-Ländern im Blick. Vor allem die Geschäftstätigkeiten großer US-Technologiekonzerne in Luxemburg und Irland standen dabei im Fokus. Eine Steuerregelung Irlands für den US-Technologiekonzern Apple erklärte sie etwa für illegal, das Land muss nun gut 13 Milliarden Euro an Steuern eintreiben. Irland und Apple wehren sich vor Gericht gegen den Entscheid. Der US-Konzern Amazon hat Vestager zufolge in Luxemburg Vergünstigungen über 250 Millionen Euro erhalten. Auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Das Vorgehen der EU-Kommission stieß weitgehend auf Zustimmung. „Ikeas System zur Steuervermeidung ist so ausgeklügelt wie die Bauleitungen für seine Möbel. Der Möbelkonzern bedient sich an Steuerschlupflöchern in Europa wie in einem Baukasten“, meinte der Grünen-Finanzexperte im Europaparlament, Sven Giegold.
Der Fall zeige, dass Europa immer noch einiges tun müsse, um Steueroasen in der EU ein Ende zu setzen, hieß es von der Entwicklungsorganisation Oxfam. In der jüngeren Vergangenheit standen vor allem Irland, Luxemburg, die Niederlande und Malta in Steuerfragen in der Kritik.