Brüssel will weniger Beihilfen für Bauern

Brüssel/Berlin (dpa) - Deutschlands Bauern müssen sich auf weniger Agrarbeihilfen aus Brüssel einstellen. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos will nach 2013 die Direktzahlungen an die Mitgliedsländer gerechter verteilen.

Das könnte Osteuropas Bauern zu Gute kommen, während deutsche Großbauern weniger bekämen.

Außerdem plant Ciolos Obergrenzen für große Höfe und mehr Umweltauflagen für Beihilfen. Seine Vorschläge für eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik stößt bei der Bundesregierung und beim Bauernverband auf große Skepsis. Umweltverbände werten sie dagegen positiv.

Insbesondere Deutschland und Frankreich haben in der EU bereits Widerstand angekündigt. Derzeit bekommen deutsche Bauern pro Hektar Anbaufläche 300 Euro, ihre Kollegen in Litauen zum Beispiel aber nur 100 Euro. Brüssel empfiehlt nun die Einführung einer einheitlichen Rate, was für Deutschland bis zu ein Drittel weniger Geld bedeuten könnte. Der aus Rumänien stammende Kommissar beschwichtigte: „Eine gerechtere Verteilung heißt nicht, dass alle spanischen, französischen oder deutschen Landwirte weniger Beihilfen bekommen und alle polnischen, bulgarischen oder lettischen mehr.“ Gelder würden zwischen Staaten, aber auch Regionen und Sektoren umgeschichtet.

Bei der Reform, die für den Zeitraum von 2014 bis 2020 gelten wird, geht es um viel Geld: Die Fördertöpfe für die Landwirtschaft sind mit rund 56 Milliarden Euro der größte Posten im EU-Haushalt. An deutsche Landwirte sind im vergangenen Jahr 6,9 Milliarden Euro geflossen. Ciolos Pläne sind die Grundlage für die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten und dem Europaparlament. Einen endgültigen Vorschlag wird die Kommission Mitte 2011 vorlegen.

Sein Ziel beschrieb Ciolos mit den Worten: „Die gemeinsame Agrarpolitik muss grüner, gerechter und effizienter werden.“ Die EU-Kommission will Obergrenzen für landwirtschaftliche Großbetriebe einführen, um die Verteilung zwischen Groß- und Kleinbetrieben besser zu gestalten. Landwirte sollen von der EU nur noch eine Art Grundsicherung bekommen, weitere Subventionen an Umweltkriterien gebunden werden. Dazu gehören extensive Tierhaltung, das Brachliegen von Flächen und wechselnde Bepflanzung. „Häufig erfordert das nur etwas Vernunft und keine großen Investitionen“, sagte der Kommissar.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte Widerstand gegen Obergrenzen bei Großhöfen an. Dies könne sie nicht mittragen. Die Bewirtschaftung nach hohen Standards müsse von allen Höfen erbracht werden, egal wie groß. Aigner warnte auch vor zu großen Zugeständnissen an osteuropäische Staaten. „Wir sind bereit, in begrenztem Umfang eine Angleichung zu akzeptieren, wehren uns aber gegen jeden Versuch der Gleichmacherei.“ Die Ministerin zeigte sich kritisch gegenüber dem Vorschlag, direkte Beihilfen stärker an Umweltauflagen zu knüpfen. „Unserer Natur ist nicht geholfen, wenn am Ende nur die Bürokratie blüht.“

Der Deutsche Bauernverband kritisierte Pläne, die Agrarbeihilfen zu senken. Die Ausgleichszahlungen seien „voll gerechtfertigt“, sagte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner im ZDF. Eine stärkere Kopplung direkter Beihilfen an Umweltleistungen bringt nach Ansicht des Verbands mehr Bürokratie. Die Unionsfraktion lehnte die Pläne rundweg ab. Der Vorschlag führe zu mehr Bürokratie bei weniger Direktzahlungen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach von einem mutigen und wichtigen Schritt für mehr Umwelt- und Tierschutz, Der Naturschutzbund NABU forderte Aigner auf, sie solle „ihre Blockadehaltung“ aufgeben. Die Umweltorganisation Greenpeace warnte: „Aus der Reform könnte wegen des Widerstandes einzelner Mitgliedsstaaten nur ein Reförmchen werden.“