Insolvente Fluggesellschaft Bund gegen Komplett-Übernahme der Air Berlin
Berlin (dpa) - Der Bund lehnt eine Komplett-Übernahme der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin durch den Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl klar ab.
„Das Modell Air Berlin als eine eigenständige Airline ist ja gescheitert“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig dem Inforadio des RBB. Man müsse „nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass man jetzt mehrere Partner braucht“. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur lag bis zum Samstagmittag noch kein Angebot von Wöhrl bei Air Berlin vor.
Es werde auch keinen Zuschlag alleine an die Lufthansa geben, mit der Air Berlin bereits Gespräche führt, sagte Machnig. „Das wäre kartellrechtlich und wettbewerbsrechtlich gar nicht möglich.“ Nach eigenen Angaben ist der Bund an den Verhandlungen nicht beteiligt und steuert sie auch nicht.
Air Berlin spricht nach eigenen Angaben außer mit dem deutschen Marktführer Lufthansa mit zwei weiteren Unternehmen. Als Interessenten gelten die britische Billiglinie Easyjet, Tuifly sowie die Thomas-Cook-Tochter Condor. Die Verhandlungen hatten dem Vernehmen nach am Freitag begonnen und sollen schon bald beendet werden. Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz beantragt, nachdem der Großaktionär und Partner Etihad der Fluggesellschaft die finanzielle Unterstützung entzogen hatte.
Kunden können ihre gesammelten Flugmeilen nicht mehr gegen Gratisflüge oder andere Prämien einlösen. „Wir müssen das Meilensammeln und das Meileneinlösen solange aussetzen, bis wir Klarheit über die Situation bei Air Berlin erlangt haben“, hieß es auf der Seite des Programms Topbonus. Ein Airline-Sprecher sagte: „Air Berlin bedauert, dass der Mehrheitseigner das Topbonus-Programm offenbar nicht weiter führen will.“ Etihad hält 70 Prozent an dem Vielfliegerprogramm, Air Berlin 30 Prozent.
Der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, warnte vor einer politisch motivierten Bevorzugung der Lufthansa bei der Zerschlagung von Air Berlin. Ein Ausbau der Lufthansa-Marktanteile in der internationalen Luftfahrt sei zwar grundsätzlich zu begrüßen. „Es überzeugt aber nicht, wenn dies dadurch erfolgen sollte, dass auf Wettbewerb auf deutschen Flugstrecken verzichtet würde“, sagte Wambach der „Welt am Sonntag“. In der Regel führe weniger Wettbewerb zu weniger Innovationen und zu unattraktiveren Produkten, meinte der Chef des Beratungsgremiums. Die Lufthansa müsse stattdessen auf guten Service zu attraktiven Preisen setzen.
Zuvor hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dafür geworben, dass Lufthansa wesentliche Teile der insolventen Airline übernimmt: „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, hatte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“ (Freitag) gesagt.
Ziel der Verhandlungen sei, möglichst alle Angestellten so in eine neue Beschäftigung zu überführen, dass die tarifvertraglichen Grundlagen weiter gelten, sagte Staatssekretär Machnig. „Wir haben den Verantwortlichen bei Air Berlin und bei anderen Airlines unsere Erwartungen sehr deutlich formuliert, und ich glaube auch, dass ist verstanden worden“, sagte Machnig.
Ryanair-Chef Michael O'Leary, der eine Bevorzugung der Lufthansa beklagt, sei dafür bekannt, „PR-mäßig“ unterwegs zu sein, sagte Machnig weiter. Wenn er wirklich Interesse habe, solle er sich melden: „Ich bin gerne zu Gesprächen bereit.“
Die Bundesregierung hatte Air Berlin mit einem Brückenkredit in Höhe von 150 Millionen Euro geholfen. Das war unter anderem von O'Leary scharf kritisiert worden. Rückendeckung erhielt der Bund hingegen vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Es sei „vernünftig, das zu machen“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem SWR. Er forderte aber, schnell eine Lösung für die Fluglinie zu finden.
Vor allem der deutsche Marktführer Lufthansa hofft auf einen großen Teil der Flugzeuge der Airline. Die Gewerkschaft Verdi forderte, einen Sozialtarifvertrag zu vereinbaren, um den Übergang für die mehr als 8000 betroffenen Mitarbeiter abzufedern.
Bei den Gesprächen mit Lufthansa könne es um rund 90 der 144 von Air Berlin geleasten Flugzeuge gehen, hieß es in Unternehmenskreisen. Im Eigentum von Air Berlin ist keine Maschine der Flotte mehr. Dementsprechend müssen auch die Leasingfirmen in eine Vereinbarung eingebunden werden. Eine Komplettübernahme von Air Berlin, die derzeit aber nicht zur Debatte steht, würde der Lufthansa vor allem auf innerdeutschen Strecken zu einer starken Stellung verhelfen.