Bund hofft weiter auf Finanzgeschäfts-Steuer
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat die Hoffnung auf eine Steuer auf Finanzgeschäfte in Europa trotz des Widerstands einiger EU-Länder nicht aufgegeben. Die Diskussion über eine solche Abgabe solle zügig fortgesetzt werden, erklärte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, in Berlin.
Es gebe das ehrliche Bemühen, etwas zu tun. Jetzt gehe es zunächst darum, den auf dem Tisch liegenden Vorschlag der EU-Kommission zu verhandeln. „Das ist die Zielrichtung. Darauf konzentrieren wir uns.“
Es müsse aber auch rasch Klarheit - möglichst im ersten Halbjahr - geschaffen werden, was möglich sei auf Basis des Kommissionsvorschlages. Wenn sich keine Einstimmigkeit in einem überschaubaren Zeitraum abzeichnen sollte, müssten Alternativen ausgelotet werden. Kotthaus: „Wir wollen eine schnelle Klärung, ob es Sinn macht, diesen Weg fortzuschreiten.“ Nächster Meilenstein sei das informelle Finanzministertreffen Ende März in Kopenhagen.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) plädiert dafür, angesichts der festgefahrenen Diskussion ein alternatives Modell auszuloten. „Leider ist die Finanztransaktionsteuer in ganz Europa - Stand heute - nicht mehrheitsfähig“, sagte er in München. Er erneuerte seinen Vorschlag einer Börsensteuer nach britischem Modell. „Vielleicht könnte das eine Lösung sein.“ Diese britische Stempelsteuer erfasst nicht alle Transaktionen auf dem Finanzmarkt.
Auf EU-Ebene zeichnet sich bisher keine Einigung auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in allen 27 Mitgliedstaaten ab. Bisher lehnen unter anderem Großbritannien und Schweden dies ab. Aber auch unter den 17 Euro-Ländern gibt es Differenzen über eine Börsensteuer allein im Euro-Raum. Dafür plädiert Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), sollte eine EU-weite Abgabe scheitern.
Angesichts der Blockade suchen die Länder nach neuen Wegen - etwa eine andere Form der Besteuerung oder eine Lösung im kleineren Kreis. Auch die schwarz-gelbe Koalition ringt um ein gemeinsames Modell. Die SPD pocht für ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin auch auf die Einführung einer Finanzsteuer. Die Koalition braucht in Bundestag und Bundesrat bei der abschließenden Entscheidung Mitte Juni die Stimmen der Opposition.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warnte vor Scheinlösungen à la FDP. Röslers „modifizierte Stempelsteuer“ helfe nicht, Finanzspekulationen einzudämmen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, bekräftigte im „Handelsblatt“ (Donnerstag): „Wir wollen über einen europäischen Schuldentilgungsfonds und die Einführung der Finanzmarkttransaktionssteuer reden.“
Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) forderte eine weitere Gegenleistung für eine Zustimmung seiner Partei zum EU-Fiskalpakt. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ verlangte er eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und mehr Freiheiten für die Bundesländer bei der Ausgestaltung von Steuersätzen.
Laut Kotthaus geht es bei der Steuer sowohl um eine Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenkosten als auch um eine Gleichbehandlung mit anderen Dienstleistungen sowie die mögliche Entschleunigung des Hochgeschwindigkeitshandels an den Märkten. Die Steuer müsse „möglichst bald“ kommen, sagte Kotthaus. In den Haushaltsplanungen des Bundes für 2013 spielen die bisher erhofften Einnahmen von jährlich zwei Milliarden Euro noch keine Rolle.