Börsen reagieren mit Talfahrt China im Visier der USA: Furcht vor Handelskrieg wächst

Berlin (dpa) - Im internationalen Handelskonflikt um US-Strafzölle wächst die Furcht vor einer handfesten Auseinandersetzung des Westens mit China. Peking kündigt bereits Vergeltung an.

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Während US-Präsident Donald Trump die EU-Staaten und andere Verbündete vorläufig von Zöllen auf Stahl und Aluminium befreite, drohte er China mit milliardenschweren Schutzzöllen auf Einfuhren - vor allem, um geistigen Diebstahl der Chinesen einzudämmen.

Die Regierung in Peking reagierte umgehend und kündigte ihrerseits Vergeltungsmaßnahmen an. Der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo warnte vor einer Eskalation. „Ich ermuntere alle Mitglieder, die vielen WTO-Foren zu nutzen, um ihre Probleme vorzutragen und Lösungen zu finden“, sagte Azevêdo, ohne die USA beim Namen zu nennen.

Weltweit sorgen die wachsenden Spannungen auch für Unsicherheit an den Börsen. Am Donnerstag hatte die Furcht vor einem Handelskrieg bereits die US-Börsen erfasst und auf Talfahrt geschickt. Auch die asiatischen Börsen waren unter Verkaufsdruck geraten. Der Dax fiel am Freitag zwischenzeitlich unter die Marke von 12.000 Punkten.

Mit Ausnahme der EU-Länder, der US-Nachbarn Mexiko und Kanada sowie Argentinien, Australien, Brasilien und Südkorea traten am Freitag Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminiumeinfuhren in die USA in Kraft.

Die EU-Staaten wollen ihrerseits die nach einem in letzter Minute erzielten Verhandlungserfolg für ein Moratorium bis 1. Mai die Befreiung von den US-Zöllen auch dauerhaft erreichen. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wurde jedoch deutlich, dass eine umfassende Einigung bis zum 1. Mai kaum erreicht werden kann. Die Frist sei nicht realistisch, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Es gebe eine Fülle an Themen.

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs Trump offiziell aufgefordert, die vorläufige Befreiung europäischer Unternehmen in eine ständige umzuwandeln. Die Zölle seien nicht mit nationalen Sicherheitsinteressen zu erklären, heißt es in einer beim Gipfel veröffentlichten Erklärung. Mehrere Politiker aus EU-Ländern, darunter Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, machten deutlich, dass es keine geheimen Abmachungen mit den USA gegeben habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Staats- und Regierungschefs der anderen EU-Staaten stellten sich zudem geschlossen hinter die EU-Kommission, die den USA für den Fall einer ausbleibenden Einigung die Einführung von Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Motorräder, Jeans und Whisky angedroht hat. Man behalte sich vor, angemessen und verhältnismäßig zu reagieren, so die Erklärung.

Trump begründete die geplanten Strafzölle gegen China mit unfairen Handelspraktiken und dem Diebstahl geistigen Eigentums. Das Paket werde nun Zölle und andere Maßnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden Dollar enthalten, sagte der US-Präsident. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer soll die Zölle binnen 60 Tagen ausarbeiten.

Altmaier betonte, die USA und die EU müssten die gemeinsamen Interessen in den Fokus stellen. Er deutete dabei auch ein verstärktes Vorgehen gegen unfaire Handelspraktiken aus China an. Dort, wo es Dumping-Preise gebe und Märkte verzerrt würden, seien Verfahren möglich, die es bereits gebe. Die Überkapazitäten stammen zum großen Teil aus China.

In China gelten im Durchschnitt deutlich höhere Zölle als in Europa und den USA, wo die Handelsschranken im Vergleich noch am niedrigsten sind. Auch machen ausländische Unternehmen immer wieder ihrem Ärger über den unfairen Wettbewerb in der Volksrepublik Luft.

Die chinesische Regierung kündigte als Reaktion auf die Drohungen der USA Handelsstrafen gegen Washington im Umfang von 3 Milliarden Dollar an, wie das Pekinger Handelsministerium mitteilte. China habe eine Liste von 128 US-Produkten erstellt, auf die Zölle erhoben werden könnten.

Bereits am Donnerstag hatte die chinesische Botschaft in Washington auf die Ankündigung von Trump reagiert. „​Würde ein Handelskrieg von den USA initiiert, dann wird China bis zum Ende kämpfen, um seine eigenen legitimen Interessen mit allen notwendigen Maßnahmen zu verteidigen“​, teilte sie mit. Das chinesische Handelsministerium rief die USA dazu auf, den Konflikt durch Gespräche zu lösen.

Vertreter der deutschen Wirtschaft reagierten besorgt auf den Konflikt. „Wir alle sind auch ein bisschen China“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, in der ARD. „Wenn China Schwierigkeiten hat, haben wir als Lieferant von China Schwierigkeiten.“

Beobachter werteten den verhältnismäßig geringen Umfang der von Peking geplanten Strafen allerdings als Zeichen, dass es China nicht unmittelbar auf eine Eskalation des Konflikts ankommen lassen will. Bereits vor Wochen hatte Chinas Präsident Xi Jinping seinen wichtigsten Wirtschaftsberater Liu He zu Verhandlung nach Washington geschickt, der aber im Weißen Haus kein Gehör fand.

Für die EU bedeuten die Ausnahmen allerdings auch keine Verhandlungspause. In den kommenden sechs Wochen werde man die Gespräche „sehr intensiv und sehr konzentriert“ weiterführen, sagte Altmaier.