Chinas Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf
Frankfurt/Peking (dpa) - Aus China kommt Hoffnung für die lahmende Weltwirtschaft. Neue Stimmungsdaten aus den Industriebetrieben der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt geben klare Hinweise: Eine der weltweit wichtigsten Konjunkturlokomotiven gewinnt wieder an Fahrt.
Dies sorgt nicht zuletzt in der Eurozone für Hoffnung, das die Konjunktur wieder etwas an Schwung gewinnt und das Tal der Rezession im nächsten Jahr verlassen könnte.
Chinas Wirtschaft war im dritten Quartal um 7,4 Prozent gewachsen. Was für europäische Verhältnisse geradezu paradiesisch anmutet, gilt für chinesische Maßstäbe als schwach. Bis Ende 2011 lagen die Wachstumsraten über viele Jahre meistens bei zehn Prozent oder darüber. Zuletzt hatte Chinas Regierungschef Wen Jiabao Optimismus verbreitet, als er auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei sagte: „Chinas Wirtschaft hat begonnen sich zu stabilisieren.“
Neue Konjunkturdaten untermauern den Optimismus der Staatsführung in Peking: Erstmals seit mehr als einem Jahr ist die Stimmung in der Industrie wieder über die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gestiegen. Der wichtige Einkaufsmanagerindex, ermittelt von der Großbank HSBC, stieg im November um 0,9 Punkte auf 50,4 Zähler. Werte über der Expansionsmarke liefern Hinweise auf ein Wachstum im Verarbeitenden Gewerbe.
„Der Anstieg des Stimmungsindikators über die Expansionsschwelle bestätigt, dass die konjunkturelle Belebung in China zum Jahresende an Schwung gewinnen wird“, kommentierte der China-Chefvolkswirt von HSBC, Qu Hongbin. Ähnlich äußerte sich auch Experte Thomas Gitzel von der VP Bank aus Liechtenstein. Chinas Wirtschaft gewinne wieder an Fahrt, das komme auch bei den befragten kleineren und mittleren Betrieben an. „Aus unserer Sicht bleibt das positive Überraschungspotenzial beim chinesischen Wirtschaftswachstum im vierten Quartal deshalb groß.“
Für Experten der Privatbank Metzler sind steigende Exportaufträge eine Ursache für die Stimmungsaufhellung. Allerdings sei noch nicht klar, wie stark die Auswirkungen auf die lahmende Weltkonjunktur seien. „Das Wachstum der Weltwirtschaft bleibt nach wie vor fragil“, sagte auch HSBC-Experte Qu Hongbin. Auch darf nicht vergessen werden: Die Konjunkturerholung dürfte zu einem guten Teil auf die sehr expansive Geldpolitik der chinesischen Notenbank zurückgehen.
Bei aller Zuversicht angesichts der jüngsten Daten gilt dennoch das Sprichwort: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Trotz der Stimmungsaufhellung in den chinesischen Industrieunternehmen liegt der wichtige Indikator nach wie vor deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt. Noch ist nicht klar, ob es sich bereits um eine generelle Trendwende handelt, oder ob sich nur die Vorfreude der Unternehmen auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft zeigt. So mahnte auch Experte Frederik Kunze von der NordLB zur Vorsicht: „Die Erholung im Reich der Mitte befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium.“