Commerzbank: Bis zu 6000 Stellen auf der Kippe
Frankfurt/Main/München (dpa) - Großes Zittern bei den Beschäftigten der Commerzbank: Das zweitgrößte deutsche Geldhaus setzt den Rotstift an und will 4000 bis 6000 Vollzeitstellen bis zum Jahr 2016 streichen.
„Die genaue Höhe des Abbaus wird in den Verhandlungen mit den Arbeitnehmergremien vereinbart“, erklärte ein Sprecher des teilverstaatlichten Konzerns am Donnerstag in Frankfurt.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi sind in Deutschland bis zu 4600 Stellen von knapp 43 400 gefährdet. Auch die HypoVereinsbank will nach Medieninformationen Stellen abbauen. Zugleich verabschiedet sich die Allianz von ihrem zweiten Ausflug ins Bankgeschäft. Die Allianz-Bank macht dicht. Gewerkschaften und der Gesamtbetriebsrat kündigten bei der Commerzbank „entschiedenen Widerstand“ an: „Dieser Frontalangriff auf die Arbeitsbedingungen ist mit dem Ziel, gute Bankdienstleistungen vor allem im Kundengeschäft zu bieten, nicht vereinbar.“ Die Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite sollen im Februar beginnen.
Personalvorstand Ulrich Sieber erklärte in einer Mitteilung an die Mitarbeiter der Bank, im Privatkundengeschäft gebe es „gemessen an unseren Aktivitäten und Erträgen deutliche Überkapazitäten“. Weiter heißt es: „Die aktuelle Ausstattung basiert auf Annahmen aus den Jahren 2008 und 2009, die sich leider so nicht bewahrheitet haben.“ Verdi befürchtet, dass im Privatkundengeschäft kurzfristig 1800 Arbeitsplätze wegfallen. Erwogen wird der internen Mitteilung zufolge auch eine Verlagerung von Arbeit an kostengünstigere Standorte.
Im Geschäft mit Privatkunden verdiente die Bank zuletzt kaum Geld. Privatkundenchef Martin Zielke hatte auch die Erwartungen für 2013 gedämpft. Im November kündigte das Management eine Neuaufstellung an: In einzelnen Filialen sollen Spezialisten zusammengezogen werden, zudem sind flexiblere Öffnungszeiten im Gespräch.
Der Stellenabbau wird den jüngsten Angaben zufolge alle Bereiche der Bank weltweit treffen - mit Ausnahme der Tochter Bre Bank in Polen und der Onlinebank Comdirect. Ende September beschäftigte der Konzern insgesamt gut 56 000 Mitarbeiter. Den Gesamtbetriebsrat informierte der Vorstand bereits am Mittwoch (23.1.) über seine Pläne zur Kostensenkung.
Die neuen Kürzungen knüpfen an das derzeit noch laufende Sparprogramm an. Im Zuge der Dresdner-Bank-Übernahme war der Abbau von 9000 Arbeitsplätzen angekündigt worden. Dieser ist inzwischen fast komplett umgesetzt. Die Commerzbank hatte sich 2008 mit der Übernahme des Konkurrenten mitten in der Finanzkrise verhoben und brauchte deswegen Geld von der Regierung. Der Staat hält bis heute etwas mehr als ein Viertel der Commerzbank-Anteile.
Damals hatte sich die Allianz nach milliardenschwerem Debakel mit der Dresdner Bank von dem Geldhaus getrennt. Am Donnerstag gestand Europas größter Versicherungskonzern ein, dass auch seine erst 2009 gegründete Allianz-Bank nicht erfolgreich war. Deshalb werde der Betrieb zum 30. Juni eingestellt, bundesweit fallen dabei rund 450 Arbeitsplätze weg. Unterm Strich summierten sich die Verluste nach Unternehmensangaben auf rund 400 Millionen Euro.
Bei der Commerzbank reichte der Abbau von Tausenden Stellen nach der Dresdner-Bank-Übernahme noch nicht aus. Denn der Wettbewerb in der Branche verschärfte sich durch die Finanzkrise und die strengeren Regeln. Zudem nutzen immer weniger Kunden das klassische Filialgeschäft und steigen auf Online-Banking um. Personalvorstand Sieber betonte in dem internen Dokument, dass es keineswegs nur ums Stellenstreichen geht: „Dabei bauen wir nicht nur ab. Wir werden gezielt investieren und in einigen Bereichen der Bank auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.“
Auch die HypoVereinsbank schaut sich im ohnehin nicht sehr gut laufenden Privatkundengeschäft nach Sparmöglichkeiten um. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Donnerstag) unter Berufung auf Informationen aus dem Umfeld der zur italienischen Unicredit-Gruppe gehörenden Bank berichtet, will das Kreditinstitut in diesem Jahr rund 600 Stellen streichen und zudem mehr als ein Dutzend Filialen schließen. Die Bank wollte sich dazu nicht äußern.