Commerzbank-Chef will nicht schwarzmalen

Frankfurt/Main (dpa) - Commerzbank-Chef Martin Blessing rechnet angesichts der Euro-Krise mit „blutleerem“ Wirtschaftswachstum und schwächeren Renditen bei den Banken. Zudem deutete er Zweifel an der Krisenbewältigung durch die Politik an.

„Wir haben uns bis jetzt im wesentlichen nur Zeit gekauft“, sagte der Chef des staatlich gestützten Geldhauses bei der „Handelsblatt“-Tagung „Banken im Umbruch“ am Dienstag in Frankfurt. Grund zur Panik bestehe aber nicht.

„Ich sehe die Zukunft mit einem gewissen verhaltenen Optimismus. Europa hat immer gezeigt, dass wenn es schwierig wurde, es nach vorne ging“, sagte Blessing. Das eigentliche Problem ist aus seiner Sicht derzeit Italien. Das Land sei anders als Griechenland zu groß, um von Europa gerettet werden zu können. „Italien muss sich selbst helfen“. Das Land habe aber „ein Problem mit der politischen Führung“.

Wenig berauschend beurteilt der Commerzbank-Chef die Konjunkturaussichten. Er rechnet mit einem Wachstum im niedrigen Bereich nahe der Stagnation. Auch die Perspektiven für die Bankenbranche seien nicht allzu rosig. Das Renditeniveau der Institute dürfte eher unter dem der letzten zehn Jahren liegen. Banken müssten das Kosten- und Risikomanagement in den Griff bekommen. Anzeichen für eine Kreditklemme sieht Blessing nicht.

Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann hatte am Vortag für Unruhe mit seiner Aussage gesorgt, er fühle sich an den Herbst 2008 erinnert. Damals war die Weltwirtschaft nach dem Kollaps der US-Bank Lehman Brothers in eine tiefe Rezession gestürzt. Die Banken liehen sich untereinander kein Geld mehr, der Geldfluss kam zu Erliegen, die Unternehmen erhielten keine Kredite.

Zugleich äußerte Blessing Zweifel, ob es Griechenland jemals gelingt, seine Verschuldung auf das angestrebte Niveau von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bringen. „Die Frage ist, ob Griechenland die Konsolidierung in einem für uns noch erlebbaren Zeitraum schafft“. Die Regeln des Eurosystems erlauben einen Schuldenberg in maximaler Höhe von 60 Prozent des BIP. Griechenland ist aber mit mehr als 140 Prozent verschuldet - mit stark steigender Tendenz.

Wenig hält Blessing von einer schnellen Einführung gemeinsamer europäischer Anleihen. „Euro-Bonds können die Krönungen einer gemeinsamen europäischen Finanzpolitik sein, es sollte aber nicht wie bei der Einführung des Euro der zweite Schritt vor dem ersten gemacht werden“, sagte der Manager. Grundsätzlich forderte Blessing aber eine weitere Integration der Finanz- und Wirtschaftspolitik in Europa. Sonst drohe die Gefahr, hinter die Schwellenländer zurückzufallen.

Trotz des zuletzt stark gesunkenen Aktienkurses der Commerzbank rechnet der Topbanker derzeit nicht mit einer Übernahme seines Instituts und begründete das mit der labilen Verfassung der Geld- und Finanzmärkte. Ein Investor müsste nicht nur die Bank selbst kaufen können, sondern auch für die Refinanzierung sorgen. „Eine gigantische Bankenübernahme halte ich da grundsätzlich für eher unwahrscheinlich“, sagte der Commerzbank-Chef in einem Interview mit dem „Handelsblatt“.