Wirtschaftsstandort Das gute und das schlechte NRW

Debatte über den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen — unterschiedlicher könnten die Positionen nicht sein.

Wirtschaftsstandort: Das gute und das schlechte NRW
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Düsseldorf. „Herr Wüst hat eine Expedition in ein düsteres Paralleluniversum vorgenommen.“ So kommentiert Norbert Römer, Fraktionschef der SPD im NRW-Landtag, seinen Vorredner Hendrik Wüst, den wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion. Wieder einmal geht es an diesem Tag um die wirtschaftliche Lage des Landes. Oder sind es zwei ganz verschiedene Länder? Zu diesem Schluss könnte kommen, wer sich die Beiträge der regierenden SPD und Grünen einerseits und die von CDU und FDP andererseits anhört.

Zunächst ist es an Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD), für die Regierung in strahlendsten Farben zu malen, dass der „starke Standort NRW“ weiter gestärkt werde. Nordrhein-Westfalen sei das wirtschaftliche Herzstück Europas und Investitionsstandort Nummer eins. Das Land sei ein Magnet für Investoren. Duin lobt sich selbst für seine Art, Politik zu machen, für seine „vorausschauende Wirtschaftspolitik“, für den Dialog mit den beteiligten Unternehmen und den Gewerkschaften.

Die Regierung habe die Digitalisierung nach ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Daran orientierten sich alle anderen Bundesländer. „Wir sind das Flächenland in der Bundesrepublik Deutschland mit dem am besten ausgebauten Internet, mit den schnellsten Leitungen.“ Kein anderes Bundesland könne da mithalten. „Wir haben eine doppelt so hohe Ausbaudynamik wie Bayern“, schwärmt Duin. Bis Ende 2018 werde es flächendeckend schnelles Internet geben.

Im Bereich der Dienstleistungen gebe es ein weit über dem Durchschnitt liegendes Wachstum, sagt er. Er gesteht aber zu, dass dieses Wachstum im Bereich der Industrie unterdurchschnittlich sei. Doch mit seinen industriepolitischen Leitlinien seien die Weichen gestellt für ein Stärken des Industriestandorts NRW. Beim Wachstum sei das Land vom Ende der Tabelle in das obere Mittelfeld gelangt. Damit sei er aber nicht zufrieden, gemeinsam wolle man sich anstrengen, um noch weiter an die Spitze zu kommen.

Hendrik Wüst von der CDU erinnert das an das „geschminkte Lächeln eines Harlekins, von dem jeder weiß, dass er im tiefsten Innern ziemlich enttäuscht ist“. Wüst hält entgegen, dass NRW seit 2010 um 28 Prozent weniger gewachsen sei als der Bundesschnitt. Seit Jahren gebe es eine Deindustrialisierung. Wenn sich Duin mit ausländischen Investitionen schmücke, so heiße das doch nur: „Da kaufen Chinesen deutsche Mittelständler.“ Damit werde kein einziger neuer Arbeitsplatz geschaffen. Nur der Eigentümer wechselt. Hätte sich die Arbeitslosigkeit in NRW so entwickelt wie in den anderen Ländern, so rechnet Wüst vor, wären 90 000 Menschen weniger arbeitslos. Rot-Grün habe Geld umverteilt von angeblich reichen Kommunen im ländlichen Raum in die armen Städte. Das Ergebnis sei: „Jetzt sind alle arm.“ Für die FDP stößt Dietmar Brockes ins gleiche Horn. Der Wirtschaft gehe es schlechter als vor 2010. Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) habe Duins Vorstöße immer wieder ausgebremst und dafür gesorgt, „dass es im Land nicht vorangeht“.

In seiner letzten Rede nach 17 Jahren Landtagszugehörigkeit kritisiert der über die Fraktionsgrenzen hinweg respektierte Grünen-Abgeordnete Reiner Priggen die „permanente Strategie des Schlechtredens, die permante Schlusslichtdebatte gegen unser Land“, die doch krachend gescheitert sei. Priggen malt sich aus, was wäre, wenn CDU-Spitzenmann Armin Laschet nach dem Wahltag Ministerpräsident würde. Priggen: „Dann würde er seine Arbeit in der Staatskanzlei ganz stolz antreten und sich freuen, dass er dieses tolle schöne Land mit seinen Menschen regieren darf.“ Auch für Priggen haben wir „ein klasse Land. Diese Runterreden-Debatte entspricht nicht dem Lebensgefühl der Menschen.“