Käuferverunsicherung Das Interesse an Diesel—Fahrzeugen sinkt
Experte sieht Käuferverunsicherung im Automarkt. Händler reagieren mit Rabattaktionen.
Düsseldorf. Der Abgas-Skandal um VW schlägt sich in den Verkaufszahlen nieder: Erstmals seit mehr als sieben Jahren ist der Anteil der Diesel-Neuwagen in Deutschland gesunken. Im März machten Diesel-Neuzulassungen 46,5 Prozent des Gesamtmarktes aus, im Vorjahresmonat waren es noch 46,9 Prozent. Das belegen Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), die das Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen ausgewertet hat. Das sinkende Interesse an Diesel- Fahrzeugen wird auch anhand der Zahlen für das erste Quartal 2016 deutlich. Der Anteil am Gesamtmarkt belief sich demnach auf 47,7 Prozent, im Vorjahreszeitraum waren es 48,4.
Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR, leitet daraus eine Käuferverunsicherung im deutschen Automarkt ab. Die negativen Meldungen zu den Abgas-Problemen bei Diesel- Fahrzeugen zeigten nun ihre Wirkung. Und das nicht nur beim VW-Konzern, der am intensivsten vom Abgasskandal betroffen ist. Verzeichnete Volkswagen im ersten Quartal 2016 laut KBA einen Rückgang von 54,3 auf 51,2 Prozent, registrierten Mercedes (von 63,1 auf 58,7 Prozent), BMW (von 72,7 auf 69 Prozent) und Audi (von 68,5 auf 65,3 Prozent) ebenfalls sinkende Verkaufszahlen bei Fahrzeugen mit Dieselaggregat. Nicht alle Kunden lassen sich durch den Abgas-Skandal vom Autokauf abhalten. Einige wechseln zum „Benziner“, andere entscheiden sich dagegen für alternative Antriebe. Das KBA wies in seiner Neuzulassungen- Bilanz des ersten Quartals 2016 ein Plus von insgesamt 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus.
Die Verunsicherung im Automarkt ist laut Dudenhöffer auch an einem zweiten Indikator ablesbar. „Trotz guter Gesamtkonjunktur und Frühjahrssaison im Automarkt sind die Händlerrabatte im April gestiegen“, erläutert er. Der CARRabatt- Index, mit dem das Rabattniveau gemessen wird, liegt aktuell bei 126 Punkten und damit fünf Indexpunkte über dem Vorjahreswert.
„Die Autobauer setzen immer stärker auf direkte Rabatte und betreiben immer intensiver das sogenannte Hard Selling, also das Verkaufen mit höherem Druck“, beobachtet Karsten Neuberger, Leiter Preisstudien am CAR. Dies lasse sich etwa an der gestiegenen Zahl der Eigenzulassungen ablesen. 30,9 Prozent aller Neuwagen seien im März als sogenannte Eigenzulassungen in den Markt gebracht worden. Autobauer und -händler lassen die Wagen dabei zuerst auf sich zu, um sie bereits nach kurzer Zeit als „junge Gebrauchte“ oder Tageszulassungen mit Rabatten zu verkaufen. Besonders VW nutzte diese Möglichkeit zuletzt. Rund ein Drittel (33 Prozent) aller Neuwagen des Unternehmens wurden im März laut Dudenhöfer als Eigenzulassung für den Handel freigegeben. Im Vorjahresmonat betrug der Anteil nur 29 Prozent.
Die Autohändler greifen aber noch zu anderen Mitteln, um die Verkaufszahlen hochzuhalten. „Die Rabatte für die 30 meistverkauften Neuwagen bei Internetvermittlern sind auf 18,6 Prozent gestiegen“, berichtet Karsten Neuberger. Durchschnittlich seien im April sechs Prozent des Listenpreises der Neuwagen als zusätzliche Verkaufsprämie ausgelobt worden. Hinzu kämen Sondermodelle und günstige Finanzierungskonditionen. „Im April waren dadurch noch einmal bis zu 13 Prozent Kundenvorteil, also verdeckter Rabatt, möglich“.
Dudenhöffer und Neuberger glauben, dass dieser Zustand noch anhalten wird. „Man kann davon ausgehen, dass auch in den Folgemonaten ‚Hard Selling’ bei vielen Autobauern zur Tagesarbeit wird, um der Käuferverunsicherung entgegenzuwirken.“