Lokale Online-Marktplätze Der Internethändler von nebenan

Von kleinen Attendorn bis zur Großstadt Mönchengladbach: Immer mehr Kommunen setzen auf lokale Online-Marktplätze. Doch ob die Händler vor Ort so Amazon & Co. wirklich Paroli bieten können, ist unklar.

Immer mehr Kommunen setzten auf lokale Online-Marktplätze wie der Inhaber des Süßwarenladen Markus Kuhnke vom "Naschkatzenparadies" in Wuppertal.

Foto: Marius Becker

Wuppertal/Mönchengladbach (dpa) - Der Siegeszug des Online-Handels wird zur Bedrohung für immer mehr traditionelle Geschäfte - insbesondere in kleinen und mittleren Städten. Doch viele Gemeinden wollen dem drohenden Ladensterben nicht mehr tatenlos zuschauen. Lokale Online-Marktplätze sollen kleinen Händlern helfen, gegen Internetriesen wie Amazon zu bestehen.

Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Vorreiter der Bewegung ist Wuppertal. Die Stadt hat zusammen mit dem Internet-Start-up Atalanda bereits Ende 2014 den lokalen Marktplatz Online City Wuppertal (OCW) ins Leben gerufen. Rund 70 Händler aus der bergischen Stadt präsentierten dort gemeinsam ihre Produkte. Der Clou dabei: Geliefert werden kann noch am selben Tag.

Inzwischen findet das Vorbild Nachahmer. Noch in diesem Jahr sollen drei weitere lokale Internet-Marktplätze ans Netz gehen: im niedersächsischen Wolfenbüttel, im nordrhein-westfälischen Attendorn und im baden-württembergischen Göppingen. Und das soll nicht das Ende sein: „Da wird jetzt eine Stadt nach der anderen kommen“, sagt Atalanda-Geschäftsführer Roman Heimbold. Insgesamt sei das Unternehmen mit 130 Städten im Gespräch.

Einen anderen Weg geht Mönchengladbach: Die 250 000 Einwohner-Stadt plant ab dem Herbst das Pilotprojekt „Mönchengladbach bei eBay“. Der Druck ist groß. Nach einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wird sich der Online-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz bis 2025 noch einmal verdoppeln - auf Kosten der rein stationären Händler.

Das Beispiel Wuppertal zeigt allerdings auch, wie mühsam der Weg für kleine Händler ins Internet ist - und wie groß die Herausforderung. Die rund 70 dort Beteiligten führen bislang auf ihrer Seite gerade einmal 8000 Produkte, während allein Amazon auf seiner Website über 200 Millionen Angebote auflistet. Nicht viel mehr als 100 Online-Bestellungen sind seit der Gründung 2014 bei den Händlern der Online City Wuppertal eingegangen, wie die zuständige Projektmanagerin Christiane ten Eicken einräumt. Doch ist das für Atalanda-Chef Heimbold kein Anlass, Trübsal zu blasen.

„Lokaler E-Commerce funktioniert anders als gedacht“, räumt er ein. Zuallererst sei der Marktplatz ein Informationsangebot für die Kunden: „Sie gucken im Internet und kaufen dann im Geschäft.“ Die Initiative habe etlichen Händlern schon Umsatzzuwächse von mehr als 10 Prozent beschert. Der E-Commerce-Experte Lars Hofacker vom Handelsforschungsinstitut EHI warnt denn auch vor übertriebenen Erwartungen. „Für viele kleine Händler, die sich vom Internet bedroht sehen, ist es ein Strohhalm, nach dem sie greifen können.

Es kann ihnen helfen, online wahrgenommen zu werden und so mehr Kunden in ihre Läden zu locken. Das ist besser als nichts.“ Sich im harten Online-Handel gegen Internetriesen wie Amazon und Zalando zu behaupten - das werde den allermeisten kleinen Händlern auch mit Hilfe von lokalen Marktplätzen kaum gelingen. Einen anderen Weg als Wuppertal oder Göppingen geht Mönchengladbach. Um die Fußgängerzonen der Stadt mit dem Internet zu vernetzen, wird unter dem Motto „Mönchengladbach bei Ebay“ ein Bündnis mit einem der größten Online-Marktplätze geschmiedet.

Hunderte Händler von dort sollen künftig in einem bundesweit einzigartigen Pilotprojekt auf einer eigenen Einstiegsseite bei Ebay zu finden sein. Der E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein, die das Projekt begleitet, sieht in der Zusammenarbeit mit dem Internet-Giganten den besseren Weg. „Regionale Marktplätze schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden, sind aber häufig offensichtlich nur Potemkinsche Dörfer, die mit viel Naivität von Städten, Gemeinden und vielfach auch Regionalzeitungen initiiert werden“, meint er.

Die Gründung von Marktplätzen gehöre aber zu den schwierigsten Vorhaben im Web. Die Erfahrung und die Reichweite eines etablierten Portals wie Ebay sei hier ein großer Vorteil. Der Nachteil ist, dass sich die Händler dort dann auch im harten Preiswettbewerb auf dem großen Marktplatz behaupten müssen. „Bei regionalen Plattformen ist der Druck sicher geringer“, meint Hofacker. Das sieht Atalanda-Geschäftsführer Heimbold ganz ähnlich. „Wir werden nie die Günstigsten sein. Es geht eher um das Einkaufserlebnis. Bei uns können Sie sehen, was es bei dem Händler um die Ecke gibt“, wirbt er für die lokalen Marktplätze in Wuppertal und anderswo.