Der Kopierer wird 75 — und stirbt aus
Die Technologie lebt in modernen Digitaldruckern weiter.
Neuss. Der Fotokopierer wird am Dienstag 75 Jahre alt — doch sein Siegeszug scheint beendet. In den Industrieländern sind die Umsätze im „Bürodruck“-Segment inzwischen rückläufig. Fotokopierer werden kaum noch hergestellt. Doch ihre Technologie lebt in den modernen Digitaldruckern weiter.
Vor 64 Jahren brachte die Firma Xerox den ersten Fotokopierer auf den Markt, damals hieß das Unternehmen noch Haloid. Heute sagt eine Xerox-Sprecherin in Neuss: „Den reinen Kopierer haben wir nicht mehr im Angebot.“ Ausgemustert.
Der größte Feind des Fotokopierers ist die Digitalisierung, genauer: das transportable Dokumenten-Format — kurz PDF — und die digitale Archivierung. Die mobilen Endgeräte sorgen zusätzlich dafür, dass vieles nicht mehr ausgedruckt wird. Papierlos, binnen Sekunden in die ganze Welt verschickt und nebenbei vervielfältigt — so weit hatte Kopierer-Erfinder Chester Carlson (1906-1968) noch nicht gedacht, als er der Welt einen großen Dienst erwies.
Am 22. Oktober 1938 glückte dem amerikanischen Physiker und Patentanwalt Carlson die „Elektrophotographie“: Ein Verfahren, mit dem sich weltweit erstmals Schriftzeichen auf elektrostatischem Weg kopieren ließen. Carlson nannte es „Xerographie“, aus den griechischen Wörtern „xeros“ für trocken und „graphein“ für schreiben. Das Datum der Erfindung in US-Schreibweise ziert auch die erste Kopie: „10-22-38 ASTORIA“ ist darauf zu lesen.
Patentanwalt Carlson hatte in den 1930er Jahren vor allem seine eigenen Mühen im Blick: Er war es leid, jedes seiner Dokumente wie ein Mönch im Mittelalter mühsam abzuschreiben, wenn er ein Duplikat brauchte. Er träumte von einer Maschine, die auf Knopfdruck die Kopie eines Originals ausspuckt.
Seine Idee: Zeichen sollten sich mit Hilfe von elektrischen Ladungsunterschieden vervielfältigen lassen. Mit Tusche hatte Carlsons deutscher Assistent Otto Kornei den ersten kopierten Schriftzug auf einen Objektträger aus Glas geschrieben und diesen auf eine Zinkplatte gelegt, die mit einer Schicht Schwefel überzogen war. Die Oberfläche hatte Kornei kräftig mit einem Tuch abgerieben und so elektrostatische Ladung erzeugt.
Der weltweite Durchbruch sollte aber noch dauern. Während des Zweiten Weltkriegs wollte niemand den Kopierer bis zur Marktreife entwickeln. Erst 1949 kam das erste Gerät auf den Markt. Für eine Kopie benötigte man damals noch 39 Schritte und mehrere Minuten.