Deutsche-Bank-Chef wechselt die Tonspur
Frankfurt/Main (dpa) - Deutsche-Bank-Chef John Cryan hat bei gleich zwei öffentlichen Auftritten innerhalb weniger Stunden ein etwas optimistischeres Bild seines Instituts gezeichnet als zuletzt.
„Ich sehe uns nicht im Verteidigungsmodus“, sagte er bei einer Bankentagung der „Süddeutschen Zeitung“ in Frankfurt. „Wir werden unsere Position als Firmenkunden- und Kapitalmarktbank in Europa weiter ausbauen.“ Kurz danach verteidigte er bei einer Veranstaltung der „Börsen-Zeitung“ seine zuletzt von einigen Investoren als zu wenig innovativ kritisierte Strategie beim Umbau der Bank.
„Unsere Vision ist etwas abstrakt, weil wir uns auf Bereiche wie Kapitalkosten und Komplexität konzentrieren. Doch unsere Strategie ist nicht langweilig“, sagte der Brite. Die Bank habe enormes Potenzial. „Wir haben uns auf eine Reise begeben, deren Ziel klar ist.“ Das Institut solle effizienter und transparenter werden. „Der Pfad ist klar, wir werden eine kapitalstärkere und risikoärmere Bank sein.“
Cryan krempelt die Bank dabei stark um und hatte dabei bei seinen ersten Auftritten in der Öffentlichkeit ein sehr düsteres Bild der Bank gezeichnet. Die Kosten seien zu hoch, die Technik veraltet, die Prozesse zu komplex, strategische Initiativen fehlten. Bei vielen Mitarbeitern und auch zum Teil bei den Investoren schürte das die Unsicherheit und die Nervosität stieg. Anleger zogen sich immer mehr aus den Papieren der Deutschen Bank zurück.
Vor rund einem Monat war der Druck am Aktien- und Anleihemarkt so groß geworden, dass sich die Bank zu einem ungewöhnlichen Schritt genötigt sah. Sie teilte in einer Pflichtmitteilung mit, dass sie genügend Geld habe, um ihre Schulden am Anleihemarkt bezahlen zu können. Zudem wandte er sich mit beruhigenden Worten an die Mitarbeiter. Seitdem hat sich die Lage etwas beruhigt. Der Wert der Deutsche-Bank-Anteile zog deutlich an. Mit den deutlichen Gewinnen vom Mittwoch summiert sich das Plus seit dem historischen Tief vom 9. Februar auf etwas mehr als 30 Prozent.
Dennoch liegt der Kurs immer noch rund 36 Prozent unter dem Niveau vor Cryans Amtsantritt im vergangenen Juli. Das Deutsche-Bank-Papier schneidet damit deutlich schlechter ab als der europäische Vergleichsindex. Gerade Bank-Manager messen ihren Erfolg gerne an der Entwicklung des Aktienkurses. Einige Experten und Aktienanalysten führen diese Entwicklung neben dem Rekordverlust im vergangenen Jahr und der gestrichenen Dividende auch auf die sehr düstere Darstellung Cryans zurück. Bei den Tagungen äußerte er sich jetzt etwas optimistischer.
So sagte er bei der „SZ“-Veranstaltung, dass in den vergangenen Monaten niemand „einen ehrlicheren Blick“ auf das Institut geworfen als er. „Ich habe einiges entdeckt, was mir nicht gefällt“, sagte er. „Wahr ist aber auch: Wir gehen die Veränderungen konsequent an. Wir sind besser als wir momentan von außen wahrgenommen werden.“ Beim letzten großen europaweiten Krisentest der Bankenaufseher 2014 habe die Deutsche Bank als eines der besten Institute abgeschnitten. „Und wir sind seither nicht weniger vorsichtig geworden.“
Cryan bat um Geduld für den unter seiner Führung angestoßenen radikalen Umbau des Dax-Konzerns. „Es geht hier nicht nur um Zahlen, Abläufe und Strukturen, es geht vor allem um Menschen. Um unseren festen Willen, die Deutsche Bank zu alter Stärke zurückzuführen“, sagte Cryan. Er bekräftigte seine Entschlossenheit, in diesem Jahr einen Großteil der juristischen Altlasten auszuräumen. Zudem sollen die Risiken weiter reduziert werden.
Dazu will er künftig bewusst auf wenig lukrative Geschäfte verzichten, aber an anderer Stelle wie dem Aktienhandel und der Vermögensverwaltung investieren. „Wir werden erfolgreicher sein, wenn wir hier und da auf Erträge verzichten, gleichzeitig aber in anderen Bereichen investieren.“ Fürs Sparen nimmt Cryan dabei auch das Top-Management ins die Pflicht. Es gebe nun weniger Flüge in Privatjets, zudem habe kein Vorstand mehr einen persönlichen Chauffeur mehr, sondern muss auf einen Fahrerpool zurückgreifen. Zudem sollen die umstrittenen Boni für Investmentbanker eingedampft werden.
Beim Umbau der von ihm selbst als altmodisch und zu teuer kritisierten Konzern-IT werde es schon bald Fortschritte geben. Die Bank wolle in diesem Jahr drei ihrer 45 Betriebssysteme abschaffen. Bis 2020 sollen insgesamt nur noch vier Hochleistungs-Systeme übrig bleiben. Auch beim Abbau der Risiken komme die Bank gut voran. Er gehe davon aus, dass die konzerneigene Abbausparte bis zum Jahresende einen Großteil ihrer Anlagen abgewickelt haben dürfte. Noch in diesem Jahr dürfte zudem der Verkauf des nordamerikanischen Hafenbetreibers Maher abgeschlossen sein, der seit Jahren zur Deutschen Bank gehört.