Razzia Wie Deutsche-Bank-Mitarbeiter Kunden bei der Geldwäsche geholfen haben sollen

Frankfurt/Main · Die Fahnder rücken am Morgen an: Deutsche-Bank-Mitarbeiter sollen Kunden bei der Geldwäsche geholfen haben. Das Geldhaus sieht sich nicht zum ersten Mal solchen Vorwürfen ausgesetzt.

Dunkle Wolken ziehen über der Zentrale der Deutschen Bank im Frankfurter Bankenviertel hinweg.

Foto: dpa/Arne Dedert

Es sind Bilder, wie sie die Deutsche Bank unter ihrem seit April amtierenden Chef Christian Sewing gerne vermeiden möchte: Etwa ein Dutzend Mannschaftswagen der Bundespolizei stehen am Donnerstagmorgen vor der gläsernen Zentrale des Geldhauses in der Frankfurter Innenstadt. Beamte in Zivil gehen in den Zwillingstürmen ein uns aus. Der schwerwiegende Verdacht der Fahnder: Mitarbeiter des Instituts halfen Kunden dabei, Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen zu gründen und auf diesem Weg Gelder aus Straftaten zu waschen.

Im Visier der Staatsanwaltschaft Frankfurt: zwei Mitarbeiter der Bank, 50 und 46 Jahre alt, sowie «andere bislang nicht identifizierte Verantwortliche» des Instituts. Der Vorwurf: Trotz ausreichender Anhaltspunkte für Geldwäsche gab es keine Verdachtsanzeigen, wie sie verpflichtend vorgeschrieben sind. Über eine zum Konzern gehörende Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln sollen allein im Jahr 2016 über 900 Kunden mit einem Geschäftsvolumen von 311 Millionen Euro betreut worden sein.

Die Razzia sorgt für Aufsehen - und kommt für die Deutsche Bank zur Unzeit: Erst im September hatte die Finanzaufsicht Bafin Deutschlands größtem Geldhaus einen Sonderaufpasser verordnet, der darüber wachen soll, dass die Deutsche Bank Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausreichend bekämpft - ein bis dato einmaliger Vorgang in der deutschen Finanzbranche.

Als Lehre aus teuren Rechtsstreitigkeiten der Vergangenheit hatte die Deutsche Bank kräftig Personal in der Abteilung aufgebaut, die die Einhaltung von Regeln überwacht. 2500 Mitarbeiter kümmern sich nach jüngsten Angaben des Konzerns um Regulierung, Compliance und den Kampf gegen Finanzkriminalität - Tendenz weiter steigend.

«Wir haben die größten Rechtsstreitigkeiten aus der Vergangenheit hinter uns gelassen», bilanzierte das für diesen Bereich zuständige Vorstandsmitglied Sylvie Matherat im September im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Nun sind wir weiterhin dabei, unsere internen Kontrollen zu verbessern. Dabei haben wir schon recht viel erreicht.»

Doch nicht nur die jüngste Durchsuchungsaktion von Staatsanwaltschaft Frankfurt, Bundeskriminalamt (BKA), Steuerfahndung und Bundespolizei nährt Zweifel an dieser Darstellung. Seit Wochen hält sich in den Medien der Verdacht, die Deutsche Bank könnte auch in den Geldwäscheskandal bei der Danske Bank tiefer verwickelt sein.

Die Deutsche Bank war eine der Korrespondenzbanken für die Filiale des dänischen Geldhauses in Estland. Heißt: Sie half als Institut mit globaler Reichweite bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Weil der Deutschen Bank Transaktionen wiederholt verdächtig vorkamen, beendete sie 2015 die Geschäftsbeziehung mit der estnischen Danske-Filiale.

Kam dieser Schritt zu spät? Hätte den Deutsche-Bank-Mitarbeitern früher etwas auffallen müssen? Waren die internen Kontrollen ausreichend? «Eine Korrespondenzbank hat die Pflicht, die Transaktionen hinsichtlich Sanktionen und Verdachtsmomenten für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu prüfen. Dafür stehen uns aber nur sehr begrenzt Informationen zur Verfügung», sagte Deutsche-Bank-Vize Karl von Rohr dieser Tage der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Die Hausbank trage die Hauptverantwortung.

«Die Danske Bank hat die Pflicht, ihre Kunden zu kennen, denn sie pflegt den direkten Kontakt. Dänemark ist in der EU, Estland ist ein Euroland; da müssen wir davon ausgehen können, dass die Bank nach vernünftigen Standards geführt wird und den regulatorischen Anforderungen entspricht», sagte von Rohr.

Für Matherat wird es allmählich eng. Das «Wall Street Journal» spekulierte in dieser Woche bereits über den vorzeitigen Abgang der ehemaligen Bankenaufseherin, die im Deutsche-Bank-Vorstand seit November 2015 für Regulierungsthemen zuständig ist. Die Französin war noch zu Zeiten des in diesem Frühjahr geschassten Vorstandschefs John Cryan nach Frankfurt geholt worden.

Dessen Nachfolger Sewing drückt seit seiner Beförderung Anfang April beim Umbau des Konzerns aufs Tempo, fordert «Jägermentalität» von seinen Mitarbeitern - und macht selbst auch vor unbequemen Personalien nicht Halt: Ende Oktober flog DWS-Chef Nicolas Moreau, weil das Geschäft der Fondstochter seit Monaten nicht rund läuft.

Droht der einzigen Frau im Vorstand der Deutschen Bank das gleiche Schicksal? Noch heißt es in Finanzkreisen, es stehe keine Entscheidung in Sachen Matherat bevor. Der aktuelle Fall dürfte die Personaldebatte aber weiter anheizen.

170 Beamte durchsuchten am Donnerstag Geschäftsräume der Bank in Frankfurt und Eschborn sowie eine Privatwohnung in Groß-Umstadt. Ins Visier der Ermittler gerieten die Deutsche-Bank-Mitarbeiter nach Auswertung der Daten der sogenannten Offshore-Leaks und Panama Papers durch das BKA. Die Wiesbadener Behörde hat nach Angaben aus dem September bereits mehrere Millionen Datensätze zu rund 270 000 Briefkastenfirmen ausgewertet. Dabei seien allein mehr als 2000 Fälle mit Deutschlandbezug festgestellt worden.

Die «Panama Papers» waren Journalisten zugespielt und im Frühjahr 2016 veröffentlicht worden. Die Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca enthalten Informationen über Geschäfte mit Briefkastenfirmen.

Angesichts der Razzia musste sich die Deutsche Bank erst einmal sortieren. Dann erklärte das Geldhaus in einer ersten Stellungnahme: «Wir werden mit den Behörden vollumfassend kooperieren.» Das allein wird wohl nicht reichen.

(dpa)