Deutsche Finanzbeamte sollen in Griechenland Steuern eintreiben
Berlin/Athen (dpa) - Deutsche Finanzbeamte sollen dem Euro-Krisenland Griechenland im Kampf gegen Steuersünder helfen. Um Athen beim Aufbau einer modernen Finanzverwaltung zu unterstützen, stehen bereits über 160 Freiwillige aus deutschen Finanzbehörden bereit.
Das sagte Finanz-Staatssekretär Hans Bernhard Beus der „Wirtschaftswoche“. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte am Sonntag, die Unterstützung sei ein Projekt der EU-Kommission. Er sprach von einem wichtigen Element, Griechenland bei seinen Konsolidierungsbemühungen zu helfen und die Steuerverwaltung effektiver zu machen. Das Projekt könne in den nächsten Monaten anlaufen. Einen genauen Zeitpunkt, wann deutsche Finanzbeamte nach Athen geschickt werden, gebe es aber noch nicht.
Das hoch verschuldete Griechenland hat große Probleme mit seiner Finanzverwaltung. Die Regierung sucht derzeit intensiv nach Geld, das Reiche von Bankkonten abgehoben und zum Teil außer Landes gebracht haben. 65 Milliarden Euro seien seit Ausbruch der Krise 2009 von Konten abgezogen worden, hatte Finanzminister Evangelos Venizelos am vergangenen Freitag gesagt. Etwa ein Viertel davon sei ins Ausland gebracht worden.
Venizelos rief alle Griechen auf, ihr Erspartes wieder im Land anzulegen. Nach Schätzungen des Finanzministers befinden sich von den 65 Milliarden Euro noch 49 Milliarden Euro im Land.
Erstmals waren zudem Konten griechischer Unternehmen in der Schweiz gesperrt worden. Die Athener Staatsanwaltschaft ließ in Zusammenarbeit mit Schweizer Behörden die Konten von drei Unternehmen sperren, hinter denen dem Vernehmen nach ein bekannter griechischer Unternehmer steht. Wie die Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur dpa bestätigte, geht es dabei um rund 158 Millionen Euro.
Im Januar hatte die Regierung in Athen eine 170 Seiten lange Liste mit den Namen von 4000 Steuersündern veröffentlicht. Sie schulden dem griechischen Staat den Angaben zufolge insgesamt knapp 15 Milliarden Euro. Die Regierung unter Ministerpräsident Lucas Papademos hatte angekündigt, hart gegen Steuersünder vorzugehen
Wie die „Wirtschaftswoche“ unter Berufung auf ein vertrauliches Dossier der Generaldirektion Steuern der EU-Kommission berichtete, gibt es sogar Forderungen des griechischen Staates gegenüber den größten Steuerschuldnern in Höhe von 63 Milliarden Euro. 75 Prozent der qualifizierten Selbstständigen wie Ärzte, Notare und Ingenieure würden Einkünfte unterhalb des steuerlichen Existenzminimums erklären, die 1000 größten Steuerzahler mit 50 Prozent des Steueraufkommens würden kaum überprüft.
Besonders viele deutsche Finanzbeamte, die bald in Griechenland helfen könnten, kommen laut „Wirtschaftswoche“ aus Nordrhein-Westfalen. Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte dem Blatt: „Griechenland steht heute vor den Problemen, die die ehemalige DDR 1990 hatte.“ Allerdings warnte er: „Die schon erheblichen Vorbehalte mancher Ostdeutschen gegen die Wessis werden bei den Griechen gegenüber den Deutschen ungleich größer sein - auch wegen manch unpassender Töne aus Deutschland.“
Auch der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) stelle ein Kontingent für den Aufbau. Dies sei auch eine Möglichkeit, Steuerbeamte im Ruhestand zu reaktivieren.
Die deutsche Steuergewerkschaft hält dagegen nichts von dem Vorschlag, Finanzbeamte nach Athen zu schicken. Ihr Chef Thomas Eigenthaler sagte der Zeitung „Sonntag Aktuell“: „ Ich würde mir da Sorgen um die körperliche Unversehrtheit unserer Beamten machen.“
Es sei heikel und letztlich nicht zu verantworten, Steuerexperten mit deutschem Pass zur Vollzugshilfe nach Griechenland zu schicken oder gar Steuerfahnder vor Ort einzusetzen. „Die Stimmung gegen Deutsche in Griechenland ist so aufgeheizt, da ist unsere tätige Mithilfe vor Ort nicht erwünscht.“