Deutsche Wirtschaft steht in Euro-Debatte zu Merkel

Berlin (dpa) - Vor dem Euro-Sondergipfel hat die deutsche Wirtschaft Bundeskanzlerin Merkel den Rücken gestärkt: Die Spitzenverbände sagen ja zum „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“. EU-Währungskommissar Rehn fordert vom Gipfel eine umfassende Strategie zur Stabilisierung des Euro.

Die deutsche Wirtschaft hat sich für die Beteiligung privater Gläubiger wie etwa Banken bei der Lösung der europäischen Schuldenkrise ausgesprochen. Risiko und Haftung gehörten zusammen, hieß es in einer am Sonntag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der vier Spitzenverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH. „Schon jetzt ist es eine Frage der Gerechtigkeit, dass diejenigen, die von höheren Risikoprämien profitieren, im Falle des Risikoeintritts auch dafür haften müssen - und nicht ausschließlich die Steuerzahler der solide wirtschaftenden Euro-Staaten.“ Zudem forderte die Wirtschaft automatische Sanktionen gegen Haushaltssünder in der EU. Auch Staatsinsolvenzen sollen in letzter Konsequenz möglich sein.

EU-Währungskommissar Olli Rehn appellierte an die EU-Regierungen, eine umfassende politische Strategie gegen die Schuldenkrise zu beschließen. „Das Treffen der Euro-Regierungschefs am Freitag und der EU-Gipfel Ende des Monats haben entscheidende Bedeutung für die Zukunft der Währungsunion“, sagte Rehn dem „Handelsblatt“. An den Finanzmärkten habe sich ein gewaltiger Erwartungsdruck aufgebaut. „Wenn wir die Erwartung der Märkte enttäuschen, dann könnte uns das teuer zu stehen kommen.“ Der Finne unterstützte den von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geforderten „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“.

Merkel selbst sieht kurz vor dem EU-Gipfel gute Chancen zur Durchsetzung der deutschen-französischen Reform-Vorschläge. Sie sagte bei einem Treffen mit konservativen Regierungschefs am Freitagabend in Helsinki: „Ich glaube, dass Europa gute Chancen hat, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen. Und dass wir mit den Krisenmechanismen, mit der Schärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und zusätzlichen Anstrengungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit die richtigen Schritte einleiten.“ Sie sehe eine „wachsende Zustimmung“ unter den EU-Ländern.

Auch die deutsche Wirtschaft stellte sich mit ihrer Erklärung hinter die deutsch-französische Initiative. Mit Blick auf den Euro-Gipfel am Freitag betonten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), sie unterstützten die Vorschläge für solide öffentliche Haushalte. Schuldenbremsen in den Verfassungen - wie etwa in Deutschland - könnten künftigen Staatsschuldenkrisen vorbeugen. Verstoße ein Land gegen den Stabilitätspakt, müssten Sanktionen automatisch erfolgen.

Die Verbände sprachen sich auch dafür aus, die Verbindlichkeiten von Krisenstaaten rechtzeitig unter Beteiligung privater Gläubiger umzuschulden. Die EU sollte zudem klare Regeln zur Abwicklung von Staatsinsolvenzen haben.

Der Wirtschaftsflügel der Union forderte von Merkel ein hartes Vorgehen. Es müsse sichergestellt werden, dass die Europäische Union keine Haftungsgemeinschaft werde, sagte der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT), Josef Schlarmann, der Tageszeitung „Die Welt“ (Montag). Der Europäische Stabilitätspakt müsse verschärft werden. „Entscheidend sind automatische Sanktionen bei Verstößen gegen den Stabilitätspakt bis zum Ausschluss von Mitgliedern aus der EU.“

Harsche Kritik äußern die Unions-Wirtschaftsexperten an der Europäischen Zentralbank. „Der Ankauf riskanter Staatspapiere muss sofort eingestellt werden“, fordert die MIT. Die EZB sei nicht der Finanzier überschuldeter Staaten, sondern müsse sich auf die Geldwertstabilität konzentrieren. „Es wäre ein wichtiges Zeichen der Stabilität, wenn der nächste EZB-Chef ein Deutscher wäre“, sagte Schlarmann.