Deutscher Exportboom dauert an
Berlin (dpa) - Vize-Exportweltmeister Deutschland steuert in diesem Jahr auf einen neuen Ausfuhrrekord zu, muss sich aber auf erhebliche Risiken im Welthandel einstellen.
Für 2011 rechnet der Außenhandelsverband BGA mit einem überdurchschnittlichen Exportplus von bis zu neun Prozent auf nunmehr 1,046 Billionen Euro. „Fraglos erleben wir derzeit eine echte Boomphase im deutschen Export, die jedoch vielfältigen Risiken unterliegt und deren Dauerhaftigkeit daher keinesfalls garantiert ist“, sagte BGA-Präsident Anton Börner am Mittwoch in Berlin laut Redemanuskript.
Neben der unsicheren US-Konjunktur, der Schuldenkrise in der Eurozone, der Preisexplosion bei Rohstoffen sowie der Lage in Libyen und Nordafrika bereitet den deutschen Exporteuren zunehmend die Stabilität der chinesischen Wirtschaft Sorgen.
„Die Unsicherheit über das tatsächliche Ausmaß der Aktien- und Immobilienblase ergibt zusammen mit den explodierenden Preisen und der ungleichen Verteilung des Wohlstandes im Lande einen gefährlichen Risikococktail“, warnte Börner.
Sollte dieser sich zu einer sozialen und gesellschaftlichen Krise in China entwickeln, würde dies sämtliche Prognosen zum Wachstum des Welthandels schnell obsolet machen. China hat Japan jüngst als zweitgrößte Volkswirtschaft abgelöst und ist neben den USA inzwischen wichtigster Handelspartner Deutschlands außerhalb Europas.
Die Gefahr einer einseitigen Abhängigkeit von China sehe er aber nicht, stellte Börner klar. Auch 2011 gingen nur gut sieben Prozent der deutschen Ausfuhren nach China. Mit sechzig Prozent werde der überwiegende Teil nach wie vor mit der EU abgewickelt. Die brisante Lage in Libyen bereite Exporteuren nicht nur wegen der Rolle des Landes als Energielieferant große Sorge, sondern auch wegen der „potenziell destabilisierenden Auswirkungen auf die Nachbarstaaten“.
Der Welthandel wird 2011 nach Einschätzung Börners um bis zu sieben Prozent zulegen. Deutschland werde damit seinen Weltmarktanteil von gut 9 auf 9,5 Prozent ausbauen können. Dies sei eine bemerkenswerte Leistung angesichts neuer Wettbewerber, die technologisch immer mehr zu Deutschland aufschlössen.
Die Importe würden 2011 sogar um zwölf Prozent auf 903 Milliarden Euro steigen. Der Außenhandelsüberschuss dürfte somit 143 Milliarden Euro betragen. Der BGA verwies darauf, dass die Wachstumsraten nur zu einem Teil Folge eines tatsächlichen Anstiegs des Handelsvolumens seien. Hinzu komme ein ungewohnt starker Anstieg der Außenhandelspreise. Die Exportpreise seien im Januar um 5,4 Prozent gestiegen, die Importpreise kletterten seit November zweistellig. Dieser Trend verstärke sich.
Steigende Importpreise belasteten die Unternehmen, die Folge sei steigender Inflationsdruck, sagte Börner. Vor allem Energieträger, Stahl und andere Rohstoffe müssten teurer im Ausland eingekauft werden. Vierzig Prozent der deutschen Exporte bestünden aus ausländischen Zulieferungen. Entsprechend erhöhten sich auch die Exportpreise.
Auf Nordafrika sowie den Nahen und Mittleren Osten entfielen 2010 etwa vier Prozent der deutschen Ausfuhren. Das Exportplus habe 14 Prozent betragen. Ob sich dieses Niveau 2011 fortsetze, sei offen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde es im Handel und Tourismus einen vorübergehenden Rückgang geben. Die EU müsse in den Handels- und Investitionsbeziehungen mit dem südlichen Mittelmeerraum ein neues Kapitel aufschlagen und eine echte Liberalisierung erreichen.