dpa-Interview DGB-Chef fordert mehr Schutz und Respekt für Betriebsräte
Berlin/Frankfurt (dpa) - Unmittelbar vor Beginn der Betriebsratswahlen in mehr als 28.000 Unternehmen hat DGB-Chef Reiner Hoffmann einen besseren rechtlichen Schutz der Arbeitnehmervertreter gefordert.
Sie müssten früher und besser vor Kündigung und Schikanen gesetzlich geschützt werden, sagte der Gewerkschafter der Deutschen Presse-Agentur. Gegen Arbeitgeber, die Betriebsratsarbeit behinderten, müsse entschiedener vorgegangen werden. „Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern schlicht strafbar“, betonte Hoffmann.
Er wünsche sich, dass mit den Wahlen besser bekannt werde, was Betriebsräte leisteten, führte der DGB-Chef aus. „Beschäftigte haben Rechte, die umgesetzt werden müssen, und Betriebsräte unterstützen sie dabei. Es gibt keinen Betrieb ohne Konflikte.“
Die Menschen verbrächten im Unternehmen einen sehr großen Teil ihres Lebens und müssten daher auch mitbestimmen dürfen, meinte Hoffmann. In der Digitalisierung mit ihrer örtlichen wie zeitlichen Entgrenzung werde die betriebliche Mitbestimmung noch wichtiger. „Denn je mehr Verantwortung auf den einzelnen Beschäftigten übertragen wird, wann, wo und wie er arbeitet, desto mehr Rechte muss er bekommen, gute Arbeitsbedingungen zu gestalten.“
Der DGB beobachte die Aktivitäten rechtsgerichteter Betriebsräte, von denen es allerdings bundesweit nur sehr wenige gebe. „Jeder rechtspopulistische Betriebsrat, der die Spaltung im Betrieb oder gesellschaftlich propagiert, ist einer zuviel“, sagte der DGB-Chef.
Der Gewerkschafter wies den Vorwurf zurück, dass betriebliche Mitbestimmung zu unflexiblen Prozessen führe. Die Arbeitgeber selbst könnten flexibler sein und mit den Betriebsräten kooperativer umgehen. Allein die Bewältigung der Finanzkrise 2007/2008 habe gezeigt, dass es geht. „Arbeitgeber erwarten Planungssicherheit für ihre Produktion, die Beschäftigten erwarten das für ihr Leben, zum Beispiel bei den Arbeitszeiten. Bisher waren vor allem die Beschäftigten flexibel.“
Öffentlich sollten die Betriebsräte mehr Wertschätzung erfahren, verlangte Hoffmann. „Sie sind es, die die Interessen der Beschäftigten oft im Konflikt im Betrieb durchsetzen.“
Vom 1. März bis Ende Mai finden in rund 28.000 Unternehmen unterschiedlicher Größe die Betriebsratswahlen statt. Es geht um rund 180.000 Mandate, auf die sich Bewerber einzeln oder über Listen bewerben können. Nach Untersuchungen der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung wird nur eine Minderheit der Beschäftigten in Deutschland von einem Betriebsrat vertreten. Möglich ist die Bildung eines solchen Rates ab fünf Beschäftigten in einem privatrechtlichen Betrieb. Bereits ab 200 Arbeitnehmern muss ein Betriebsratsmitglied für seine Tätigkeit freigestellt werden.