DGB kritisiert Umgehungsversuche beim Mindestlohn

Berlin (dpa) - Gut zwei Wochen vor dem Start des Mindestlohns wirft der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Arbeitgebern gezielte Versuche zur Umgehung der Lohnuntergrenze vor.

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Anwälte berieten Unternehmen dabei, sagte das DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Eine der größten Lücken betrifft die Jugendlichen.“ Die Arbeitgeber wiesen die Vorwürfe zurück.

Beim DGB suchen laut Körzell etwa Austräger Rat. Sie seien vom Arbeitgeber gefragt worden, ob Minderjährige in der Familie seien. „Auf diese sollte dann der Auftrag umgeschrieben werden, so dass der Mindestlohn entfällt - auch wenn weiter die Erwachsenen die Zustellung machen würden“, sagte Körzell. „Diesen Umgehungstatbestand halte ich für eine Sauerei.“

Andere Unternehmen wollten Langzeitarbeitslose nur für sechs Monate einstellen. So lange wird kein Mindestlohn fällig. Die Strategie sei, die Betroffenen dann durch andere Arbeitslose zu ersetzen. „Wir werden diejenigen, die bereit sind, gegen solche Praktiken zu klagen, vor den Gerichten vertreten“, kündigte Körzell an. Es könnten aber nur Gewerkschaftsmitglieder vertreten werden.

„Wir werden auch dafür sorgen, dass diese Arbeitgeber bei der zuständigen Finanzkontrolle Schwarzarbeit an den Pranger gestellt werden, damit sie auf lange Sicht ihr Handwerk gelegt bekommen.“

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums warnte: „Arbeitgeber müssen bei Nichteinhaltung der geltenden Regeln mit hohen Strafen rechnen.“ Entsprechend Angebote für Rechtsberatung seien auch unseriös, „wenn sie vorgaukeln, es gäbe legale Wege der Zahlung von weniger als 8,50 Euro pro Stunde.“ Der Mindestlohn gilt ab 1. Januar.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warf dem DGB vor, den Unternehmen rechtswidrige Absichten zu unterstellen, bevor der Mindestlohn überhaupt in Kraft getreten ist. „Statt die Risiken eines flächendeckenden Mindestlohns für Beschäftigung und Konjunktur in den Blick zu nehmen, wird mit haltlosen Vorwürfen Stimmung gemacht“, so ein Sprecher.

Der Mindestlohn wird nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) den Aufschwung am Arbeitsmarkt nicht abwürgen. „Er wird nicht der große Jobkiller sein“, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). Nach Einschätzung der BA-Experten könnte der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde auch dazu führen, dass einige Stellen künftig sogar schneller besetzt werden, wenn sie durch bessere Entlohnung attraktiver werden. BDA-Präsident Ingo Kramer befürchtet indes, es werde Regionen und Branchen geben, in denen die Arbeitslosigkeit zunehmen wird. „ Ich hoffe, dass wir nicht allzu viele Einschläge haben, aber ich befürchte, wir werden in ganzen Bereichen steigende Arbeitslosigkeit haben“, sagte Kramer am Sonntag im Deutschlandfunk.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der „Welt am Sonntag“ zudem, viele Betriebe reagierten geschockt auf die neue Pflicht, die Arbeitszeiten für zusätzliche Beschäftigtengruppen zu erfassen und zu dokumentieren. „Das Gesetz wird eine Bürokratie-Geißel gerade für kleinere Betriebe“, so Wollseifer. Auch die Bauindustrie übte scharfe Kritik. „Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel redet von Bürokratieabbau, und Sozialministerin Nahles setzt neue Bürokratie-Monster in die Welt“, sagte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie.

Laut „Focus“ sollen die Folgen des Mindestlohns in den kommenden drei Jahren in einer großen Studie erforscht werden. Unter Federführung des DIW Berlin würden dazu 25 000 Beschäftigte befragt.