Analyse Die USA unter Trump: Eine Gefahr für den Welthandel?
Frankfurt/Main (dpa) - Der Freihandel als wirtschaftspolitisches Ziel wird derzeit ausgerechnet vom „Führer der freien Welt“, US-Präsident Donald Trump, in Frage gestellt. Eine der ersten Maßnahmen des neuen Präsidenten war die Kündigung des ausgehandelten transpazifischen Handelsabkommens TPP.
Auch das schon seit 22 Jahren in Kraft befindliche Nordamerikanische Handelsabkommen Nafta stellt er in Frage. Die Zeit großer transnationaler Handelsverträge scheint vorüber. Droht jetzt weltweit eine Phase von Protektionismus?
Versuche, der Weltwirtschaft mit Handelsabkommen einen Schub zu geben, sind auch schon vor dem Amtsantritt von Trump immer öfter gescheitert. Das Handelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada konnte nur unter großem politischem Widerstand abgeschlossen werden. TTIP, das geplante größere Abkommen zwischen den USA und der EU, war jedoch bereits vor dem Amtsantritt von Trump so gut wie tot. Globalisierungskritiker in Europa und den USA kämpften erbittert dagegen, die Verhandlungen wären schwierig.
Dabei galt internationaler Handel lange als entscheidender Treiber für den Wohlstand weltweit. In der Nachkriegszeit gelang es immer öfter, Zölle und andere Handelshemmnisse abzubauen und Märkte zu öffnen. Gerade die Schwellenländer profitierten von der Integration in die Weltwirtschaft. Das Welthandelsvolumen wuchs stetig.
Ökonomen sind sich bei vielen Themen uneins - die positive Wirkung des internationalen Handels auf die wirtschaftliche Entwicklung bezweifelt aber kaum einer. Handel fördert laut Bundesbankpräsident Jens Weidmann die Verbreitung von neuen, produktiven Ideen und neuen, besseren Produkten. Handel erlaube es jedem, das zu tun, was er am besten kann. „Durch den Handel steigt deshalb die Produktivität, was letztlich auch zu steigenden Löhnen führt.“
Protektionisten wie Trump hingegen machen den Handel für den Wegfall von vielen Industriearbeitsplätzen in den USA verantwortlich. Gerade China mit seiner Vielzahl an billigen Arbeitskräften gibt er die Schuld. Vor allem im „Rust Belt“, der größten Industrieregion der USA, hat Trump seiner Konkurrentin Hillary Clinton bei der Präsidentenwahl entscheidende Bundesstaaten weggenommen. Übersehen wird laut Ökonomen jedoch, dass auch die Automatisierung ein entscheidender Grund für den Wegfall von Arbeitsplätzen ist.
Trumps Politik muss aber nicht das Ende von großen Handelsabkommen sein. Nach der Absage des transpazifischen Handelsabkommens TPP durch Trump suchen die übrigen elf Länder nach einem Weg der Zusammenarbeit. Australiens Ministerpräsident Malcolm Turnbull erklärte in einer ersten Reaktion auf den Rückzug der Amerikaner, es sei nicht undenkbar, dass China dem Abkommen beitreten werde. „Es gibt ganz sicher eine Möglichkeit für China, TPP beizutreten.“ Auch Deutschland und die EU scheinen sich zuletzt China wieder anzunähern.
Die Volksrepublik könnte jetzt zum Gegengewicht zu den USA unter Trump werden. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt präsentiert sich gar als Verteidiger des Freihandels. „Protektionismus heißt, sich abzuschließen wie in einer Dunkelkammer, wo es möglicherweise weder Wind noch Regen gibt, aber eben auch weder Luft noch Licht“, sagte der chinesische Staats- und Regierungschef Xi Jinping auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos. Auch die EU und China bemühten sich seit der Trump-Wahl um eine Annäherung. Kann aber China angesichts des Vormachtstrebens in der Region tatsächlich zum Ersatz für die USA werden? Das Land betreibt selbst in manchen Bereichen eine Abschottungspolitik. Deutsche Firmen können davon ein Lied singen.
Trump strebt jetzt anstelle großer multilateraler Handelsabkommen mehr bilaterale Abkommen an. So macht sich insbesondere Großbritannien Hoffnungen auf ein Abkommen mit den USA. Dieses könnte jedoch erst nach dem erfolgten Austritt des Landes aus der Europäischen Union abgeschlossen werden. Bis es aber zum Abschluss kommt, kann lange dauern. So begannen beispielsweise die Verhandlungen zu Ceta bereits im Jahr 2009 - und das Abkommen ist bis heute noch nicht rechtswirksam.
Dass alles vielleicht doch nicht alles so schlimm unter Trump kommt, erwartet Marcel Fratzscher der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Meine Erwartung im Augenblick ist, Donald Trump wird viele Drohungen ankündigen, aber nicht wirklich viel umsetzen können“, so der Ökonom. Schließlich befürworte der amerikanische Kongress überwiegend den Freihandel. „Ich bin eigentlich ganz optimistisch, dass von diesem Handelsprotektionismus im Endeffekt doch ganz wenig umgesetzt werden kann.“