Die Weltkonjunktur bricht ein

Wachstum: Die Prognosen sind so düster wie lange nicht. Der Dax rauscht nach unten.

Frankfurt. Energie- und Rohstoffpreise explodieren, die Inflation feiert dadurch Höchststände und die Immobilienkrise in den USA verschärft sich weiter: Dieses wirtschaftliche "Teufelsgemisch" zeigt jetzt erstmals richtig Wirkung. Gestern musste US-Notenbankchef Ben Bernanke öffentlich vor einem US-Kongressausschuss zugeben, dass es ein "erhebliches" Risiko für die Wachstumsaussichten der größten Industrienation und damit für die Weltwirtschaft gibt.

Auch für Deutschland, das vom Export lebt, gab es gestern ausschließlich schlechte Nachrichten. Der deutsche Aktienindex Dax rutschte zeitweilig kräftig ab und markierte mit 6006 Punkten einen neuen Jahrestiefstand. Er lag damit so niedrig wie seit zwei Jahren nicht mehr und hat damit seit Jahresanfang ein Viertel an Wert eingebüßt. Mehrmals versuchte er die psychologisch wichtige Grenze von 6000 Punkten zu unterschreiten. Die Börsenhändler in Frankfurt sprachen dennoch nicht von einem Ausverkauf oder Panikverkäufen. "Die Bankenkrise in den USA ist längst noch nicht ausgestanden", meinte ein Broker. Finanzaktien wurden reihenweise abgestraft. Zeitweilig am stärksten unter Druck stand die Allianz, die in der Spitze bis zu 6,5 Prozent an Wert einbüßte. Der Primus Deutsche Bank brach auf ein Fünf-Jahres-Tief ein.

Wegen der schlechten Konjunkturaussichten in den USA stieg gestern der Euro auf ein Rekordhoch zum Dollar. In der Spitze kostete die Gemeinschaftswährung 1,6038 Dollar. Damit wurde der letzte Rekordstand von 1,6018 Dollar, der am 22.April erreicht worden war, knapp übertroffen.

Gleichzeitig haben sich die Konjunkturerwartungen für Deutschland nach dem ZEW-Index gestern kräftig eingetrübt. Das Stimmungsbarometer verschlechterte sich gegenüber Vormonat um 11,5 auf minus 63,9 Punkte. Das ist Rekordtiefstand und der niedrigste Stand seit Beginn der Umfrage unter Analysten.

Für die USA steht eine Rezessionsphase fest und wird von kaum einem Ökonomen noch bestritten. Für Deutschland sind die Meinungen noch geteilt. Teure Energie entzieht aber auch bei uns zu Lasten der Konjunktur etwa 20 Milliarden Euro an Kaufkraft. Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter bleibt Optimist: "Deutschland schliddert nicht in die Rezession", sagt er.

In der Wirtschaft und an den Börsen hat sich eine Untergangsstimmung wie damals auf der Titanic breit gemacht. Das ist falsch, denn noch spielt die Musik. Derzeit wird jede schlechte Nachricht, von denen es allerdings genügend gibt, gleich aufgebauscht.

Dass die Hypothekenkrise in den USA mit den Milliarden-Abschreibungen, die bis nach Deutschland hineinreichen, nicht ausgestanden sein wird, war wohl den meisten klar. Die Summen, die jetzt in Billionenhöhe gehandelt werden und angeblich gleich die ganze US-Wirtschaft in den Abgrund ziehen, sind weit überhöht. Noch stehen in den USA die meisten Häuser. Ihre Preise sind aber überhöht und die Hypotheken für einfache Menschen nicht mehr bezahlbar. Also platzt langsam die Immobilienblase.

Daraus lässt sich aber nicht für Deutschland schlussfolgern, dass wir ebenfalls in die Rezession müssen. Uns droht eher eine Stagnation, im schlimmsten Fall die Stagflation - also kein Wachstum und hohe Inflation. Da kommen wir aber durch. Unsere Waren sind weiter begehrt.